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Die Legenden von Blue Moon

nett: 4 PunkteMacht und Vorherrschaft in einem Spiel für 2 Spieler

von Reiner Knizia

Fantasy Flight / Heidelberger Spieleverlag (Redaktion: Marco Reinartz)

ca. 40 €

2 SpielerInnen

Schwierigkeitmittel (ab ca. 12 Jahre)

überarbeitete Neuauflage 2015

ORIGINALAUSGABE BLUE MOON / KOSMOS 2004

Blue Moon erhielt Anfang 2004, am Vorabend der Nürnberger Spielwarenmesse, den InnovationAward in der Kategorie „Erlebnis“. In der Jury saßen unter anderem die großen Einzelhandelsvereinigungen. Offensichtlich suchten sie eine Innovation, die ein besonderes Vermarktungspotenzial verspricht. Kosmos tat tatsächlich einiges dafür, das Spiel als ein ganz besonderes Ereignis zu vermarkten. Es gab eine eigene Homepage, zwei Zeitschriften waren zu „offiziellen Newsorganen“ ernannt worden, der Titel ist als „trade mark" registriert, es gibt eine „Art Direction“ für die Kartengrafiken und die Erscheinungsweise der Erweiterungen wurde bis 2005 vorangekündigt. Das konnte die Innovationsjury nicht unbeeindruckt lassen.

Doch wer die Schachtel öffnet und sich dem Kern des Spiels, dem Spielablauf, widmet, wird zwar nichts Schlechtes vorfinden, aber richtig Überragendes auch nicht. Innovativ ist an dem Konzept eigentlich gar nichts.

Die Spielkarten und der Spielablauf haben eine ziemliche Ähnlichkeit mit dem amerikanischen Sammelkartenspiel Magic. Und Magic hatte bereits 1995 einen Sonderpreis des Deutschen Spiele Preises bekommen. Die damalige Begründung: das innovative Spielsystem.

Die Gestaltung der Spielkarten entspricht zweifelsohne dem Magic-Vorbild, auch wenn ein größeres Format gewählt wurde. Sogar der sinnfreie Mottospruch, der mich bei den Magic-Karten schon immer amüsiert oder genervt hat, wurde nicht vergessen. Außerdem sind die Kartennamen, die Kartenart, die Sonderfunktion der Karte und der Name des Illustrators zu finden. Es gibt wie beim Vorbild zwei Kampfwerte, allerdings nicht unterschieden in Angriff und Verteidigung: sondern in Feuer und Erde, je nachdem in welchem Element der Kampf stattfindet.

Was fehlt, sind Mana-Kosten und Länder, um eine Karte zu beschwören. Man kann die Karten einfach so ausspielen. Denn Blue Moon möchte doch erheblich einfacher zu spielen sein, als das teilweise überkomplexe Magic.

Jeder Spieler hat die dreißig Karten eines Volkes in seinem gemischten Stapel. Davon nimmt er zunächst sechs Karten auf die Hand und zieht später entsprechend nach.

Wer an der Reihe ist, muss eine seiner Charakterkarten ausspielen. Er entscheidet sich dabei für einen Kampf im Element Feuer oder aber im Element Erde. Zu diesem Kampfwert seiner Charakterkarte kann er dann noch den Wert einer Verstärkungs- oder Unterstützungskarte, die er dazu legt, addieren. Sein Gegner reagiert dann auf die gleiche Art im gleichen Element und muss dabei mindestens den Kampfwert erreichen, der vorgelegt wurde. Und so geht das dann hin und her, bis einer den Wert nicht mehr schafft und aufgeben muss.

In jeder Phase des Kampfes muss ein neuer Charakter ausgespielt werden. Dieser wird auf die zuvor gelegte Charakterkarte draufgelegt, die dabei ihre Gültigkeit verliert. Es kämpft also immer nur eine Kreatur gegen die andere. Auch eine Verstärkungskarte gilt nur für einen einzigen Kampf. Einzig die Unterstützungskarten bleiben gültig, bis das Duell endgültig gewonnen ist.

Ergänzt wird dieses simple System durch allerlei Sonderfunktionen der Karten und zusätzlich auszuspielenden Anführeraktionen. Das Hin-und-her der steigenden Kampfwerte kann durch eine Karte mit dem „Abgewehrt“-Symbol auch wieder heruntergesetzt werden. Ein „Mutanten“-Charakter wechselt den Kampfort vom einen Element ins andere.

Wer ein Duell gewinnt, bekommt einen der drei Drachen, die auf dem als Spielhilfe dienenden Spielbrett warten. Wenn für einen Kampf sechs oder mehr Karten benötigt wurden – oft sind die Duelle allerdings schon vorher zu Ende – gibt es sogar zwei Drachen zu gewinnen. Keinen Drachen gibt es, wenn der Gegner bereits welche besitzt. Dieser verliert dann zunächst seinen Drachen und muss ihn wieder aufs Spielbrett zurückstellen.

Wenn ein Spieler einen vierten Drachen gewinnen würde, ist das Spiel zu Ende, und er steht als Sieger fest. Ebenfalls Schluss ist dann, wenn eine der beiden Seiten alle dreißig Karten ausgespielt hat.

Leider sind dreißig Karten nicht besonders viel. Deshalb laufen die Kämpfe immer recht ähnlich ab. Mal gewinnt die eine, mal die andere Seite. Übermäßig spannend und abwechslungsreich ist das nicht.

Kosmos weiß aber Abhilfe: Man kann sich neue Völker-Sets dazu kaufen. Damit wird Blue Moon glücklicherweise kein Sammelkartenspiel, aber man hat tatsächlich die Möglichkeit, auch individuelle Decks zu bauen. Dabei wird ein Volk als Basis genommen und darf durch fremde Karten mit bis zu zehn Monden ergänzt werden. Die Zahl der Monde gibt jeweils an, wie wertvoll eine Spielkarte ist.

In der Neuausgabe von Fantasy Flight sind sämtliche Erweiterungen bereits enthalten. Mehrere Hundert Karten sorgen in Die Legenden von Blue Moon für nahezu unendliche Möglichkeiten. Blue Moon ist ein solide gemachtes Knizia-Spiel mit einer grundsätzlich gut durchdachten Spielregel, in die man einen schnellen Einstieg findet.

© Harald Schrapers 2004–2015