games we play

Finca

schön: 5 Punktevon Ralf zur Linde und Wolfgang Sentker

Hans im Glück (Vertrieb: Schmidt)

ca. 30 € 

– nicht mehr lieferbar –

2 bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfach (ab ca. 10 Jahre)

nominiert für das Spiel des Jahres 2009

4. Platz Deutscher Spiele Preis 2009

Mallorca hat einen widersprüchlichen Ruf. Auf der einen Seite liegt die in vielerlei Hinsicht verunstaltete „Ballermann“-Küste. Auf der anderen Seite, so betont jeder Mallorca-Urlauber, habe die Insel „aber auch“ schöne Ecken, insbesondere im Landesinneren. Einfach nur „Mallorca“ auf die Schachtel zu schreiben, hat sich Hans im Glück wohl nicht getraut. Immerhin wäre das eine Marktlücke gewesen: es gibt zwar Unmengen an Autorenspielen – aber Mallorca erstaunlicherweise noch nicht.

Doch der Verlag wollte Vermutungen, es könne um Sangria in Eimern und Trinkspiele gehen, scheinbar einen Riegel vorschieben. Er nennt das Spiel Finca und unterstreicht damit, dass es ihm ausschließlich um die landwirtschaftlichen Produkte der Mittelmeerinsel gehe. 108 Holzfrüchte – Orangen, Feigen, Oliven und so weiter – werden neben das Spielbrett geschüttet. Auf das Brett – ein Inselplan – werden in die zehn Provinzen Plättchen gelegt, deren oberes die momentane örtliche Früchtenachfrage abbilden. Wir merken: es ist ein Handels- und Logistikspiel.

Und es gibt noch die traditionelle mallorquinische Windmühle. Auf deren Blätter sind ebenfalls die sechs Fruchtsorten abgebildet. Mit unseren Spielfiguren ziehen wir dort so lange, bis wir für eine Lieferung genug Obst gesammelt haben. Dabei greift Finca auf einen uralten Mechanismus zurück. Ich zähle wie viele Figuren insgesamt auf dem Startfeld stehen. Diese Zahl bestimmt die Zugweite. Bei meiner Ankunft – etwa auf dem Zitronenfeld – zähle ich die dortigen eigenen und gegnerischen Figuren. Jetzt erhalte ich genau so viele Holzzitronen.

Ich versuche also darauf zu achten, möglichst viele Früchte zu gewinnen. Gut ist es, weite Sprünge zu machen, denn immer wenn ich eine halbe Mühlenumrundung geschafft habe, gibt es einen Eselskarrenchip. Und den brauche ich, um überhaupt liefern dürfen.

Beliebige Früchte helfen mir auf dem Weg nicht besonders weit. Sondern ich muss auf die Nachfrage achten und darauf, was mir bei den diversen Mehrheits- und Vielseitigkeitswertungen Zusatzpunkte einbringt.

Was gar nichts hilft, ist das Aufhäufen sehr großer Obstmengen. Wenn irgendeine Fruchtsorte nämlich mengenmäßig erschöpft sein sollte, verliert alle ihren Fruchtvorrat an die Bank. Also sollte man sich zwischendurch doch mal zu einer Lieferung entscheiden. Statt eines regulären Zuges auf der Windmühle nimmt man dann einen Eselskarren und bis zu sechs Früchte, die man entsprechend der Nachfrageplättchen in einem oder in mehreren Orten ablegt. Die Chips sind der Gewinn.

Beeindruckend ist die schöne thematische Umsetzung des Spiels. Sie umfasst einen doch ein wenig konstruiert wirkenden Mechanismus überaus elegant. Man merkt kaum, dass der Mallorcaplan eigentlich gar keine Landkartenfunkion hat – er sieht nur gut aus.

Es macht Freude, sich in die Möglichkeiten des Spiels hineinzudenken. Grübler könnten sogar sehr lange nachdenken. Doch lohnend ist das für die Betreffenden nicht. Denn der Zufallsfaktor ist nicht zu unterschätzen. Welches Nachfrageplättchen als nächstes aufgedeckt wird, weiß niemand.

© Harald Schrapers · games we play 2009–13