games we play

Karak

4 von 6

von Petr Mikša und Roman Hladík

Kosmos (Lizenz: Albi, Redaktion: Vincent Gatzsch)

Illustration: Roman Hladík

ca. 30 €

2 bis 5 SpielerInnen

Schwierigkeitsehr einfach (ab ca. 8 Jahre)

Jahrgang 2022

Karak ist ein Dungeon Crawler. Das heißt, man bewegt sich durch ein Verließ, und in jedem Raum, den man betritt, kann Monster lauern. Die Grundregeln sind einfach. Pro Zug hat man vier Bewegungsmöglichkeiten. Entweder man läuft über bereits offen liegende Gänge. Oder man wagt den Schritt ins Unbekannte und zieht ein Verließplättchen vom verdeckten Stapel, legt es an den bestehenden Gang und zieht seine Figur auf das neue Feld. Wenn dies nur ein einfacher Gang ist, passiert nichts. Wenn der Gang sich auf dem Plättchen zu einem Raum ausweitet, zieht man ein Monsterplättchen aus dem Stoffbeutel und muss nun kämpfen: Auf jedem Gegner ist die Kampfstärke aufgedruckt und ist mit der Summe von zwei Würfeln zu übertreffen. Wer siegt, gewinnt dabei oft zusätzliche Kampfstärke, so dass auch große Monster im Laufe des Spiels bezwungen werden können.

Soweit ist die Grundstruktur des Spiels leicht zu erfassen. Trotzdem ist die auf Schachtel abgedruckte Altersangabe „ab 7“ irreführend – mindestens ein Jahr müsste dazukommen. Denn es gibt eine ganze Menge an Detailregeln, die in einer sehr unübersichtlichen Spielanleitung manchmal nicht leicht zu verstehen sind. Auch beim häufig auftretenden Nachschlagen, wenn es konkrete Regelfragen in Sondersituationen gibt, ist die Anleitung eher Hemmschuh als Hilfe. Dies gilt genauso für die einzelnen Charaktere, die jeweils zwei regeltechnische Spezialfähigkeiten mitbringen. Das zu überblicken, fällt selbst spielerfahreneren Leuten nicht immer ganz leicht.

Insgesamt enthält Karak sechs verschiedene Charaktere (warum eigentlich nur zwei weibliche?), von denen die Mitspielenden je eine verwenden müssen. Zwar befinden sich Symbole für die Spezialfähigkeiten auf den Charakterkarten – aber die erklären leider gar nichts. So sind die Spieler, die sich gewohnheitsmäßig darauf verlassen, dass der am Tisch sitzende Regelerklärer alles im Blick hat, ziemlich alleingelassen. Oder sie müssen selbst noch mal in der Anleitung nachblättern oder nachblättern lassen. So gestaltet sich das Spiel anfangs hakeliger als gewünscht.

Eigentlich hat Karak das Potenzial, ein lockeres und sehr glücksbetontes Spiel zu sein, dass sich locker runterspielen lässt. Mit etwas Erfahrung kann dies auch tatsächlich geschehen – ich habe durchaus rund laufende Karak-Partien erlebt. Andere verfingen sich in punktuellen Regelinterpretationsdebatten (was passiert, wenn im Moment des Verlustes des letzten Lebenspunktes die Regelelemente Heilquelle, Heilzauber und Reinkarnation gleichzeitig zur Anwendung kommen?), die sich nur schwerlich wirklich beantworten ließen. Manche Partien brauchten deutlich mehr als die auf der Schachtel angegebenen 45 Minuten, um zu Ende zu gehen.

Schluss ist dann, wenn das stärkste alle Monster – der Drache mit seinen 15 Kampfpunkten – besiegt ist. Das ist nicht einfach. Zwei Würfel schaffen durchschnittlich 7 Punkte, und wenn es perfekt gelaufen ist, könnte man eine zusätzliche Kampfstärke von maximal 9 Punkten durch zuvor besiegte Monster hinzuaddieren. Aber es läuft selten perfekt, und schon gar nicht für alle Mitspielenden. So verzichten zu schwache Mitspielende lieber auf den wiederholten Kampf gegen den 15er-Drachen. Fünf Lebenspunkte sind zwar recht großzügig bemessen, aber trotz Heilmöglichkeit limitierend.

Leider verzögert sich das Spielende oft auch deshalb, weil die bis an die Zähne bewaffnete Mitspielerin gar nicht kämpfen möchte. Der Grund ist banal: Das Besiegen des Drachens, der eineinhalb Siegpunkte wert ist, lohnt sich nur dann, wenn man damit das Spiel gewinnt. Dies ist davon abhängig, ob man bis dahin genug von den zwölf im Monsterplättchenbeutel befindlichen Truhen – jede ist ein Siegpunkt wert – gefunden hat, einen dafür passenden Schlüssel besitzt beziehungsweise das dazugehörige Monster besiegen kann. Meistens läuft es so: Den Mitspielenden, die viele Truhen besitzen, fehlt es an Kampfstärke. Und denjenigen, die schwer bewaffnet sind, mangelt es an Truhen. Manchmal so sehr, dass man schon geraume Zeit vor Spielende chancenlos durch den Dungeon schleicht, weil es eben nur dreizehneinhalb Siegpunkte gibt. Was soll ich machen, wenn ich selbst nach einem Sieg über den Drachen als Verlierer das Spiel beenden würde? Schluss machen, und die aktuell Führenden zum Sieger machen? Oder mich langweilen und den finalen Kampf den Mitspielerinnen überlassen? Dieses Karak nimmt bedauerlicherweise nicht immer ein gutes Ende.

© · games we play 2022



games we play · Spielebesprechungen seit 1991.
Keine Spieletests, sondern kritische Rezensionen aktueller Brettspiele, Kartenspiele und Gesellschaftsspiele.