games we play

La Città

schön: 5 PunkteStädte im Aufbruch

von Gerd Fenchel

Rio Grande (Vertrieb: Abacus)

ca. 40 € 

– nicht mehr lieferbar –

2 bis 5 SpielerInnen

Schwierigkeit mittel (ab ca. 12 Jahre)

Auswahlliste Spiel des Jahres 2000

4. Platz Deutscher Spiele Preis 2000

Neuauflage 2008

Rekordverdächtig ist die enorme Größe des Spielbretts, die sich vor den SpielerInnen ausbreitet. Es ist eingeteilt in Sechseckfelder und erinnert auch in der Optik der Spielplättchen an die Siedler von Catan. Es gibt sechseckige Plättchen zum Ausbau der Städte und sechs Felder große Landschaften, die den angrenzenden Spielern Rohstoffe spenden: Gebirge, Gewässer und Weizenfelder. Wenn man La Città zu Zweit spielt, klingt etwas vom Spielgefühl des Siedler-Kartenspiels an. Denn es geht darum, seinen eigenen Herrschaftsbereich – zwei oder mehr Städte – optimal auszubauen: etwa durch ein Badhaus, einen Marksplatz oder eine Universität. Dabei dehnt man sich gleichzeitig immer weiter auf dem Spielplan aus, wodurch man sich an Computerspiele erinnert fühlt, in denen es um den Auf- und Ausbau von Zivilisationen geht (zum Beispiel das zufällig auch Siedler heißende PC-Spiel).

Jede SpielerIn beginnt mit zwei Städten mit jeweils drei Spielfiguren. Jede Spielfigur symbolisiert 1000 Bürger. Außerdem wird sofort gezählt, an wie viel Getreidefeldern die Städte angrenzen, denn deren Zahl muss alle Bürger ernähren können. Da dies sehr unübersichtlich zu zählen ist, werden dazu Nahrungschips ausgegeben, damit man seine Weizenproduktion immer im Blick hat. Am Ende eines Spieljahres wird jeweils überprüft, ob Nahrungsproduktion und Bevölkerungszahl im Einklang stehen. Ansonsten wandern Bürger wegen Nahrungsmangels aus.

Beim Bau möglichst großer Städte mit vielen Einwohnern spielt die Politik eine gewichtige Rolle. Es bedarf einer politischen Entscheidung, ob man beim Stadtausbau eher in den Bereich Bildung, in die Kultur oder in den Gesundheitssektor investiert. Dabei gilt es, die Stimme des Volkes zu berücksichtigen. Zu Beginn eines jeden Jahres werden vier Karten gezogen, die die momentanen Vorlieben darstellen, wobei aber zunächst nur eine Karte aufgedeckt wird (eine wenig zuverlässige demoskopische Umfrage). So kennen die SpielerInnen zunächst die Tendenz: Kultur, Bildung oder Gesundheit. Erst am Ende des Jahres werden alle vier Karten aufgedeckt und damit die Mehrheitsmeinung des Volks offengelegt. Wenn die Mehrheit der Karten etwa „Gesundheit“ anzeigt, haben die Städte besonders viele Punkte, in denen der Bau von Brunnen, Badhäusern und Hospitälern forciert wurde. In diese Städte wandern nun Bürger aus benachbarten Orten ein, in denen weniger für die Gesundheit getan wurde.

Um ihre Städte auszubauen, haben die SpielerInnen Aktionskarten, ein wenig Gold und Politikkarten zur Verfügung. Dabei stellen die zufällig gezogenen Politikkarten einen erheblichen Glücksmoment im Spiel dar, was den ansonsten eher taktische Spielverlauf manchmal etwas unausgewogen erscheinen lässt. Manche Karten sind sehr wertvoll, insbesondere die zum Bau von Gebäuden, andere Karten sind wenig wert oder gar gegen Ende des Spiels überhaupt nicht mehr zu gebrauchen. Die Karten, mit denen man eine mangelnde Nahrungsmittelproduktion für ein Jahr überbrücken kann, zählen am Spielende nicht mehr. Dann ist man gezwungen, genug Bauernhöfe errichtet zu haben.

Leider verlangt La Città am Spielende eine aufwändig zu berechnende „Punktlandung“. Denn man muss möglichst viele Bürger in seinen Städten versammelt haben, um gewinnen zu können, keinesfalls darf man aber mehr Bürger als Nahrung haben. Dann bekommt man nämlich so viele Strafpunkte, dass an einen Sieg nicht mehr zu denken ist. Die Zahl der Bürger vorauszusagen, die nach dem komplexen Vorgang der jährlichen Zu- und Abwanderung in den eigenen Städten wohnen, ist zumindest im Vier- und Fünf-Personen-Spiel eine enorm anstrengende Rechnerei. Die Gestaltung des Spiels erleichtert einem dabei die Übersicht nicht. Die Plättchen sind zwar alle bildschön gezeichnet, kräftige Farben und eindeutige Symbole wären dem Spiel aber dienlicher. Leider sind auch die Bürger alle einheitlich grau und nicht nach der Farbe der SpielerInnen unterschieden.

Das Urteil über La Città fällt somit zwiespältig aus. Als Drei-Personen-Spiel ist es ein absolut erstklassiger Titel. Auch als Zwei-Personen-Spiel ist es sehr gut geeignet. Zu viert oder gar zu fünft ist es jedoch enorm komplex, unübersichtlich und schwierig – einfach nicht mehr Spiel genug, sondern Arbeit.

Ursprünglich ist La Città bei Kosmos erschienen. Jetzt gibt es eine Neuauflage des US-Verlages Rio Grande.

© games we play 2000–08 - Autor: Harald Schrapers