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Mauerbauer

schön: 5 Punkte Ohne Power keine Mauer

von Leo Colovini

Hans im Glück (Vertrieb: Schmidt)

ca. 24 €

– nicht mehr lieferbar –

bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeitmittel (ab ca. 12 Jahre)

Verpackung −

7. Platz Deutscher Spiele Preis 2006

Schade, dass Hans im Glück nichts Attraktiveres zur Aufmachung dieses beindruckenden Spiels eingefallen ist. Allein der Untertitel „Ohne Mauer keine Power“ zeugt von Einfallslosigkeit. Zudem sieht die Gestaltung des Spielplans insbesondere an den Rändern so unvollendet aus, dass man fast über geplante Spielbrett-Erweiterungen spekulieren möchte. Doch auf Erweiterungen wird dieses Spiel wohl verzichten müssen, denn die lohnen sich nur, wenn ein Spiel mit sehr hoher Auflage verkauft wird. Wenn die Spiel-des-Jahres-Jury gewollt hätte, wäre das passiert. Mauerbauer gehörte zusammen mit einem zweiten Hans-im-Glück-Spiel tatsächlich zum engsten Favoritenkreis für diese Kritikerauszeichnung. Daraus wurde aber nichts, denn die Jury wollte nicht.

Das Spielbrett ist in dreieckige Felder eingeteilt. Ein Spieler muss zunächst ein Mauerteil auf eine der Linien, die die Dreiecke markieren, stellen. Anschließend würfelt er mit drei Würfeln. Der eine Würfel zeigt an, ob ein schwarzer, weißer oder grauer Turm dieses Mauerteil beschließt. An das andere Mauerende darf ein beliebiger Turm gestellt werden. Die anderen zwei Würfel nennen die Farbe der beiden Häuser, die der Spieler auf die beiden Seiten der Mauer stellt.

Dass zuerst die Mauer gesetzt wird und anschließend gewürfelt wird, ist ungewohnt. Wer es – wie aus vielen Spielen gewohnt – umgekehrt versucht, soll laut Spielanleitung sogar der Schadenfreude ausgesetzt sein. Das ist allerdings ein zu diesem Spiel überhaupt nicht passendes Regelelement.

Ziel ist es, Gebiete mit den Mauern so abzugrenzen, dass komplett umfriedete Gebiete entstehen, die „Stadt“ genannt werden. Solch eine Stadt kann ein Dreieck umfassen oder auch mehrere. Da eine neue Stadt je nach Wunsch des aktiven Spieler mit einer angrenzenden zusammengelegt werden kann, entstehen im Spielverlauf zumeist immer größere Städte.

Wenn eine neue Stadt entstanden ist, gibt es eine Wertung. Jeder Spieler sucht sich dazu eine oder zwei seiner Handkarten aus. Denn es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, an Punkte zu kommen. Es geht darum, Mauern, Häuser oder Türme in die Wertung zu bringen – und zwar möglichst viele. Damit widersprechen sich die Karten zumindest auf den ersten Blick nicht. Doch auf den zweiten Blick sieht es anders aus. Bei einigen Karten wird innerhalb der Stadt gewertet, bei anderen Karten auf den Wiesen außerhalb der Städte.

Ein Spieler bereitet sich beispielsweise darauf vor, möglichst viele graue Türme auf den Wiesen zu werten. Doch sein Gegner baut genau diese Türme in die Umgrenzung der Stadt ein, die er als nächstes fertig stellen möchte. So verändert sich die Situation auf dem Spielbrett ständig. Die Annahme, dass mit längerem Spielverlauf die Zahl der möglichen Wertungspunkte ständig steigt, ist folglich falsch.

Manche Wertungkarte betrifft nur Häuser einer bestimmten Farbe, andere nur Türme am Wasser. Welche Karte sich lohnt, bereits jetzt auszuspielen, welche man in der Hoffnung auf steigende Punkte besser behält, ist eine wichtige Frage. Hier geht es um gutes „Timing“. Denn wenn man bei einer Wertung gleich zwei Karten ausspielt, darf man trotzdem nur eine Karte nachziehen. Der Umfang der Kartenhand schrumpft dann stetig. Wenn man umgekehrt auf das Spielen einer Wertungskarte ganz verzichtet, gewinnt man durch das Nachziehen eine Karte.

Das Spielende kann ebenfalls eine Frage des „Timings“ sein. Wenn die Mauern, die Türme oder die Paläste – die durch das Zusammenfassen von zwei Häusern entstehen – aufgebraucht sind, ist Schluss. Ein Spieler, der auf der Kramerleiste vorn liegt, wird Wert darauf legen, den „Ressourcenverbrauch“ zu beschleunigen. Wer eine Mauer isoliert auf das Spielbrett setzt, darf zwei Türme an deren beide Enden stellen. Wer das Spiel hingegen verzögern will, wird seine Mauer zwischen zwei sich bereits auf dem Brett befindliche Türme setzen. Dadurch entstehen in der Dauer sehr unterschiedliche Partien. Auch sonst verlaufen die Spiele sehr abwechslungsreich. Mal entstehen sehr viele kleine Städte auf dem Spielbrett, und ein anderes Mal wird alles von einer riesigen Stadt beherrscht.

Mauerbauer besitzt perfekt zusammenpassende Spielmechanismen. Da der jeweils Letzte auf der Siegpunktleiste bei einer Wertung alle seine Handkarten austauschen darf, bleibt jeder möglichst lange mit guten Chancen im Spiel. Denndas Ziehen der Wertungskarten ist ein erheblicher Zufallsfaktor. Doch es ist beileibe nicht alles Zufall. Die kluge Vorausschau beim Einsetzen von Mauern und Karten ist eine taktische Herausforderung. Das Spielgefühl erinnert dabei entfernt an Carcassonne.

Eine erstklassige Empfehlung ist Mauerbauer als Drei- oder Zwei-Personen-Spiel, dagegen verliert es in einer Viererrunde ein wenig an taktischem Potenzial.

© Harald Schrapers 2006–10