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Patrizier

nett: 4 Punktevon Michael Schacht

Amigo

ca. 20 € 

– nicht mehr lieferbar –

2 bis 5 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfach (ab ca. 10 Jahre)

2008

„Leichter Spieleinstieg“ ist das Zauberwort, mit dem viele Spiele aufwarten. Patrizier gehört dazu. Es ist in eine Carcassonne-ähnliche Schachtel gepackt worden, und es wird ein „interaktiver Schnellstart“ auf www.michaelschacht.net versprochen.

Wie soll man eigentlich ein Spiel bewerten, für dessen Spielablauf man sich als zu blöd erweist? Oder wenn es den Mitspielerinnen und Mitspielern einfach an der nötigen Aufmerksamkeit fehlt?

Nun ist die Patrizier-Regel wirklich nicht besonders schwierig. Neun Städte sind auf dem Spielplan eingezeichnet, und in jedem dieser Orte gibt es zwei Bauplätze für einen Wohnturm. Ich spiele eine meiner Spielkarten aus, auf der ein bestimmtes Stadtwappen abgebildet ist. Folglich darf ich in dieser Stadt ein Stockwerk in meiner Farbe platzieren.

Was ist daran jetzt so schwierig? Ich hadere zunächst mit den römischen Ziffern. In jede Stadt darf nämlich nur eine bestimmte Zahl an Stockwerken, dann ist sie voll und es wird abgerechnet. Bei Bologna steht „IX“. Nach kurzem Nachdenken weiß ich, dass eine „9“ gemeint ist. Aber wieso nachdenken? Sollte eine Gestaltung auch für die Nicht-Lateiner unter uns intuitiv erkennen lassen, worum es geht? Ich jedenfalls habe die meinem mit Müh und Not erlangtem Kleinen Latium zugrundeliegenden Kenntnisse konsequent verdrängt. Außerdem: Wenn der Spielplan mit kopfüber zugewandt ist, steht bei Bologna auf einmal „XI“.

OK: Vielleicht ist es gar nicht so entscheidend, wie viel Stockwerke in eine Stadt passen. Denn mehr als neun Bologna-Wappen gibt es eh nicht auf den Spielkarten. Da gespielt wird, bis sämtliche Karten weg sind, geht am Ende alles wunderbar auf. Wenn man mal die Wertung einer bereits fertigen Stadt übersehen hat, kann diese problemlos nachgeholt werden.

Was ist, wenn am Ende doch nicht alles genau aufgeht? Wenn noch eine Stadt nicht ganz voll ist und gleichzeitig eine Spielkarte für eine bereits gewertete Stadt übrig ist? Dann hat jemand einen Fehler gemacht, was ziemlich ärgerlich ist. Dann kann man sich das Zählen der Siegpunkte nämlich sparen.

Der Grund für diese fatale Fehlerquelle: Neben jeder Stadt liegt eine offene neue Spielkarte. Wenn ich ein Stockwerk dorthin lege, bekomme ich diese Karte, damit ich wieder drei Handkarten habe. Auf den Spielkarten ist jeweils ein Stadtwappen abgebildet. Und diese tritt optisch in Konkurrenz zum Stadtwappen des Ortes, wo mein Etagen-Spielstein hineingehört. Wenn neben Bologna mit seinem in der Farbschattierung hell- bis dunkellila gehaltenem Wappen eine Spielkarte mit dem knatschgelben Parma-Wappen liegt, dann ist ein Fehlschluss durchaus möglich. Zumal das Spiel ja eher einen locker-leichten Eindruck macht und zu einem flotten Ablauf einlädt.

Aber wieso passen die Mitspieler nicht auf, wenn einer einen Fehler macht? Vermutlich, weil sie sich über ihren nächsten Spielzug Gedanken gemacht machen. Denn ganz so einfach wie es der „schnelle Einstieg“ suggeriert, ist Patrizier doch nicht. Ein bisschen taktisches Überlegen und der gelegentliche Versuch, mal ein oder zwei Spielzüge weiter zu denken, hilft hier durchaus.

Die Entscheidung, wo ich ein Stockwerk baue, hat Folgen für die nächsten Spielzüge. Denn die dort erworbene Spielkarte muss ich später auch wieder ausspielen.

Im Kern ist Patrizier ein Mehrheitenspiel. In jeder Stadt gibt es zwei Siegpunktchips zu gewinnen. Wer in dem größeren der beiden Türme die meisten Etagen gebaut hat, bekommt den höherwertigen Chip. Der zweite Chip geht an den Sieger des kleineren Turms.

Ein Mehrheitenspiel? In regelmäßigen Abständen löst dieser Spieltypus das große Gähnen aus. Zu viel Ähnliches sorgt nun mal eher für Schulterzucken, Langeweile und Äußerungen wie „ganz nett“. Da hat es selbst ein gutes Spiel schwer, es müsste schon überragend sein, um wirklich gut wegzukommen.

Zuletzt war das Mehrheitenspiel nicht mehr so oft unter den Neuheiten zu finden. Deswegen kann man es mal wieder versuchen, selbst unter Verwendung der italienischen Wohntürme, die schon häufiger thematisiert wurden. Schließlich haben die wenigsten potenziellen Käufer mehrere Dutzend Spiele zu Hause, so dass ihnen solche Ähnlichkeiten gar nicht auffallen.

Bei Patrizier kommt es am Spielende nicht nur auf die Mehrheiten an. Auf manchen Spielkarten sind zusätzlich auch noch unterschiedliche Patrizierköpfe abgebildet. Wer einen Drilling sammelt, gewinnt am Ende sechs zusätzliche Punkte. Das kann für den Sieg entscheidend sein.

Wenn alles klappt, ist Patrizier ein ansprechendes Spiel, insbesondere wenn vier oder fünf Leute mitspielen. Da sämtliche Spielkarten ausgespielt werden, ist der Glücksfaktor geringer, als es zunächst erscheint. Wer die notwenige Konzentration mitbringt, Chips und andere Ablenkungen weglegt, mag sich an einem kaum 45 Minuten dauernden flotten Spiel erfreuen.

[ interaktiver Schnellstart ]

© Harald Schrapers 2007–11