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Ken Follett

Die Säulen der Erde

von Michael Rieneck und Stefan Stadler

Kosmos (Redaktion: TM)

– nicht mehr lieferbar –  

ca. 23 €

super: 6 Punkte games we play Tip: Das TOPspiel 2 bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeitmittel (ab ca. 12 Jahre) 

Deutscher Spiele Preis 2007

Empfehlungsliste Spiel des Jahres 2007

Als Spielekritiker sollte man Ahnung von den Hintergründen eines Spiels haben. Also habe ich mir aus der Stadtbibliothek ein Exemplar von Ken Follett’s Die Säulen der Erde mitbringen lassen. Doch als ich das Buch sah, habe ich es direkt wieder zurückgegeben. 1150 Seiten ist der Wälzer dick! Und ich bin nur Spielerezensent – und kein Buchkritiker.

Zumal ich das Buch beim Spielen überhaupt nicht vermisse. Ich finde das Spiel erstklassig. Wie es die vielen Fans des Buches finden, weiß ich nicht so genau. Ob es ihnen so geht, wie bei einer Buchverfilmung im Kino? Vermutlich nicht. Denn ein Brettspiel ist letztlich doch etwas anderes als die Erzählung einer Geschichte.

Viel mehr als ein Thema ist das, was sich um den Spielmechanismus rankt, meistens doch nicht. Die thematische Umsetzung kann den Spielablauf trefflich unterstützen, was hier sehr gut gelungen ist – völlig unabhängig vom Buch betrachtet.

Erst schicke ich meine Arbeiterfiguren in die Kiesgrube, den Wald und den Steinbruch, um dort das notwendige Baumaterial zu besorgen. Dann brauche ich Handwerker, die daraus die Kathedrale bauen. Sie verwandeln die Baustoffe gewissermaßen in Siegpunkte.

Thematisch und auch von den Grundzügen des Ablauf her erinnert Die Säulen der Erde ein wenig an das Vorjahresspiel Caylus. Damals wurde eine Burg gebaut, diesmal eine Kathedrale. Caylus ist jedoch deutlich komplexer, doch auch Die Säulen verlangen etwas Geduld beim Einarbeiten in die Regeln. Aber nach der ersten Partie, die durchaus die Zwei-Stunden-Grenze überschreiten kann, ist die Regel problemlos verstanden – sie ist nämlich äußerst durchacht und logisch zusammenhängend. Bei jeder weiteren Partie sollte man es in 90 Minuten schaffen. Außerdem kann man, wenn ein Mitspieler die Regeln bereits kennt, ohne große Vorrede sofort anfangen. Viele Details lassen sich währende des Spiels erklären.

Gespielt wird sechs Runden, jede Runde besteht aus drei Phasen. Eigentlich sind es nur zwei Phasen, denn die in der Anleitung aufwendig aussehende dritte Phase ist in erster Linie nur noch Verwaltungstätigkeit. Dabei werden insgesamt 14 Einzelaktionen abgearbeitet, Geld und Siegpunkte ausgeschüttet, Steuern kassiert und so weiter.

Etwas Geld als Startkapital und zwölf Arbeiterfiguren stehen mir zur Seite, wenn es losgeht. Sieben zufällig aufgedeckte Baustoffkarten können gewählt werden. Die Kostenspanne reicht von zwei Arbeitern für zwei Sand bis zu acht beziehungsweise zehn Arbeitern für drei oder vier Steine.

Die Baustoffe gibt es aber erst später. Zunächst müssen die Arbeiterfiguren in die Grube oder den Wald gestellt werden und dort ordentlich zupacken. Alle die Arbeiter, die nicht beschäftigt sind, werden zur Wollmanufaktur auf dem von Michael Menzel bildschön gestalteten Spielbrett gestellt. Dort erwirtschaften sie innerhalb einer Runde je ein Stück Gold.

Pro Runde kommen vier Handwerkerkarten ins Spiel. Zwar besitze ich schon zu Spielbeginn drei Handwerker, aber deren Produktivität ist äußerst niedrig. So benötigt der Mörtelmischer ganze drei Sand, um einen Siegpunkt zu produzieren. Da warte ich lieber auf einen Töpfer, der zwei Sand zu zwei Siegpunkten verwandeln kann. Er taucht aber erst in der zweiten Runde auf.

Von den vier Handwerkern pro Runde können zwei alternativ zu den Baustoffkarten gekauft werden. In der ersten Runde kostet eine Handwerkskarte zwei bis fünf Gold.

Eigentlich fängt das Spiel sehr ruhig an. Noch sind die meisten Handwerker recht uninteressant. Entscheidend ist die zweite Spielhälfte, da muss man gut aufgestellt sein. Aber: Da über den Sieg am Ende oft nur zwei oder drei Punkte entscheiden, sollte man auch schon zu Beginn gut überlegt agieren.

Anfänger unterschätzen zumeist die Bedeutung des Goldes im Spielverlauf. Scheinbar spielt es nur eine Nebenrolle, denn eigentlich werden die Baustoffe zu Siegpunkten verwandelt. Doch oftmals ist es so, dass der reichste Spieler auch den besten Zugriff auf die optimale Handwerker-/Ressourcen-Kombination hat und am Ende gewinnt. Deshalb sollte insbesondere ein spezieller Handwerker, ein Schreiner, nicht unterschätzt werden. Er kann ab der ersten Runde zwei Wald in acht Goldstücke verwandeln. Mit dieser Karte sollte man eigentlich nie in Geldnot kommen.

Am Anfang sollte man sparsam sein und auch die Wollmanufaktur reichlich berücksichtigen. Aber allzu sparsam sein ist auch nicht gut, denn mehr als 30 Goldstücke darf man eh nicht besitzen, sie verfallen einfach. Und auch das Baustoffsammeln für den finalen Showdown stößt an enge Grenzen. Maximal fünf Baustoffe darf ich von Runde zu Runde mitnehmen. Auch dies ist ein Grund, warum es bei Säulen der Erde nicht nur um kurzfristige Taktik geht. Hier ist ein längerfristiges strategisches Denken durchaus empfehlenswert.

– Zwei Handwerkerkarten standen in der ersten Phase zum Verkauf, zwei weitere wandern nach Shiring und stehen jetzt in der Baumeisterphase zur Auswahl. Jeder Spieler besitzt drei Baumeisterfiguren seiner Farbe. Die kann er auf insgesamt acht Orte des Spielplans platzieren:

– Shiring hat Platz für zwei Spieler, da hier zwei Handwerkerkarten liegen. Weil der aufgedruckte Preis hier nicht gilt, kann man gute Handwerker hier gelegentlich weitaus preisgünstiger erwerben.

– Der Königshof gewährt Steuerfreiheit und einen wertvollen Metallbaustoff. Zwar ist am Königshof Platz für jeden Spieler, aber das Metall gibt es nur für den ersten.

– Die Priorei gibt dem ersten Spieler zwei Siegpunkte, dem zweiten Spieler einen Punkt.

– In Kingsbridge liegen zwei zufällig gezogene Vorteilskarten. Gerade in den ersten Runden sind „dauerhafte“ Vorteile enorm wertvoll, weil sie in jeder Runde gelten und beispielsweise jedes Mal einen Baustoff spendieren.

– Der Bischofssitz bietet Schutz vor der Ereigniskarte, die am Ende jeder Runde aufgedeckt wird. Zwei Beispiele: Jeder Spieler verliert zwei Siegpunkte oder fünf Gold.

– In der Burg gibt es zwei zusätzliche Arbeiterfiguren.

– Am Baustoffmarkt kann man fehlende Ressourcen nachkaufen und – was oft noch wichtiger ist – seine Baustoffe zu dringend benötigtem Geld machen.

– Und an der Kathedrale werde ich für eine Runde zum neuen Startspieler.

Was sich nach einer schönen Auswahl an verschiedensten attraktiven Möglichkeiten anhört, ist in der Praxis erheblich eingeschränkt. Da an vielen Orten überhaupt nur Platz für ein oder zwei Baumeister ist, kommt es auf die Reihenfolge an. Alle Baumeisterfiguren werden zunächst in einen schwarzen Stoffbeutel getan und dann nacheinander zufällig gezogen.

Wenn meine Figur zuerst gezogen wird, habe ich die größte Handlungsauswahl. Aber ich muss sieben Gold bezahlen, wenn ich sie nutzen will. Wenn mir das zu teuer ist, kann ich die Aktion zurückstellen, dann darf ich sie am Ende der Phase kostenlos nachholen. Die nächste gezogene Baumeisterfigur kostet sechs Gold, anschließend fünf und so weiter.

An dieser Stelle gibt es einen erheblichen Glücksfaktor. Selbst wenn ich viel Geld zurückgelegt habe, um auch teure Baumeister einzusetzen, kann der Zufall mich trotzdem nahezu handlungsunfähig machen. Gerade beim Vier-Personen-Spiel kann es passieren, dass alle attraktiven Plätze auf dem Spielbrett besetzt sind, bevor mein erster Baumeister auftaucht. Überhaupt ist in der vollen Vier-Personen-Besetzung die Auswahl auf dem Brett derart limitiert, dass ich lieber mit nur drei Leuten spiele. Dann halten sich Interaktivität und Konkurrenz auf der einen Seite mit einer reichlichen Auswahl an Handlungsmöglichkeiten auf er anderen Seite optimal die Waage.

In der dritten Phase wird abgearbeitet, was zuvor schon entschieden war. Die Arbeiter und die Baumeister haben ihr Werk getan. Die Ergebnisse werden einkassiert und zum Schluss arbeiten die Handwerker, um Siegpunkte zu produzieren.

Richtig spannend wird es in den späteren Runden. In der dritten Runde gibt es den ersten Bildhauer, der aus einem Stein zwei Siegpunkte produziert. Wer seine Strategie auf Bildhauer ausrichtet, hat eine gute Basis gewählt. Oder man konzentriert sich auf das Ende, wenn das seltene Metall entscheidend sein kann. Der Glockengießer macht aus zwei Metall acht Siegpunkte. Alle Strategien haben jedoch den Nachteil, dass sie meist nur alleine optimal funktionieren. Wenn zwei Spieler um dieselben Dinge konkurrieren, freut sich meist der dritte.

Bei den Säulen der Erde passen die verschiedenen Spielelemente wunderbar zusammen. Wer befürchtet hat, dass die thematische Anlehnung an ein Buch zu einem überkonstruierten Spielablauf führt, sieht sich äußerst angenehm überrascht. Folletts Buch stört überhaupt nicht. Michael Rieneck (In 80 Tagen um die Welt) und Stefan Stadler zeichnen für ein tolles Spiel verantwortlich, das auch ganz anders hätte heißen können.

Die Erweiterung

ca. 15 €

2 bis 6 SpielerInnen

2008

Wenn man Säulen der Erde zu fünft oder sechst spielen möchte, braucht man weit mehr als zusätzliches Material für zwei Spieler. Denn schon zu viert geht es auf dem Spielbrett äußerst eng zu. So musste ein zusätzliches Brett her, das an das bestehende angelegt wird. Und Stadler/Rieneck mussten sich Einiges ausdenken, was sie zusätzlich in den Spielablauf integrieren können.

Es musste mehr Spielraum dazukommen, mehr Entscheidungsmöglichkeiten, zusätzliche lukrative Optionen. Für die Arbeiter hat sich das Autorenduo die Kreuzzüge ausgedacht. Statt die Arbeiter zum Schluss in die Weberei zu stellen, bieten die Kreuzzüge eine Alternative, für die es sofort Siegpunkte gibt. In der Einsetzphase gibt es Diverses, was neu ist: zusätzliche Aktionskarten, zusätzliche Handwerker. Mit einer besonderen Karte kann ein eigener oder fremder Handwerker noch einmal aktiviert werden.

Alle diese Möglichkeiten können auch verwendet werden, wenn man zu viert spielt. Denn im Gegensatz zum brillanten Drei-Personen-Spiel gab es zu viert oft die Situation, dass sich die zuletzt gezogenen Figuren kaum noch sinnvoll einsetzen ließen. Mit der Erweiterung lässt sich zusätzlich Platz schaffen – der auch zu fünft problemlos ausreicht. Erst in der Sechs-Personen-Runde wird es wieder sehr eng.

Die Ungerechtigkeiten beim Ziehen der Figuren steigen, je mehr Leute mitmachen. Deshalb gibt es hier eine neue Regel für große Runden. Wer zuerst einen Zug macht, ist am Ende als letzter an der Reihe, der zweite ist gleichzeitig auch Vorletzter und so weiter.

Wer das Spiel also in einer größeren Runde als nur zu dritt spielen möchte, ich mit der Erweiterung sehr gut bedient.

[ brettspielwelt.de: Säulen der Erde online spielen ]

© Harald Schrapers 2007–20