games we play

Seeland

schön: 5 PunkteWettstreit im Reich der Mühlen

von Günter Burkhardt und Wolfgang Kramer

Ravensburger (Redaktion: Philipp Sprick)

ca. 33 € 

2 bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfachl (ab ca. 10 Jahre)

2010

Die liebsten Urlaubsziele der Deutschen werden jetzt „verspielt“. Im letzten Jahr erschien Finca, das Mallorcaspiel. Wir sahen eine Landkarte und oben links eine mallorquinische Mühle als Rondell. Das können wir auch, dachten sich Kramer und Burkhardt und entwarfen ebenfalls eine Landkarte plus Rondell in Ecke links oben. Welche Urlaubsgegend wählten sie? Seeland – die Niederländer sagen Zeeland –, das liebste Urlaubsziel der Rheinländer. In weniger als drei Stunden ist man am Nordseestrand in Domburg oder Renesse und riecht die mit Pommesfettgeruch vermischte salzige Meeresluft. Und das schönste: Mühlen gibt es auch dort.

Selbstverständlich ist Seeland dem Spiel Finca nicht nachempfunden, die optische Ähnlichkeit ist Zufall. Seeland ist ein leichter zugängliches Spiel, das mir auch thematisch eingängiger erscheint. Denn hier haben die Mühlen eine wirkliche Funktion. Ich lege mein Mühlenplättchen auf das Spielbrett, um damit das angrenzende Land zu entwässern und dort Tulpen (logisch), Raps oder Kohl anzupflanzen. So entsteht nach und nach ein buntes Spielfeld.

Das Rondell, längst nicht so verzwickt wie bei Finca, dient dazu, die zu legenden Plättchen zu erhalten. Eine einzige Figur geht dort im Kreis. Wenn ich mit ihr einen Schritt weitergehen, erhalte ich das nächste Plättchen: eine Mühle oder ein Stück Acker mit einem bestimmten Punktwert. Wenn mir dieses Plättchen nicht gefällt, muss ich mindesten zwei Schritte gehen und dafür bezahlen.

Dabei präsentiert uns das Spiel ein interessantes niederländisches Bankenwesen, das uns vor mancher Finanzkrise schützen würde. Denn man darf zunächst maximal vier Gulden investieren. So viele Geldchips liegen nämlich vor den Spielerfiguren auf der äußeren Skala des Rondells. Trotzdem sollte man nicht alles Geld auf einmal ausgeben. Denn neues Geld gibt es nur dann, wenn alle Mitspieler mindestens einen Gulden ausgegeben haben. Erst wenn der erste Guldenchip von allen Figuren verlassen wurde, wird dieser Chip vor die führende Figur gelegt. Jetzt kann sie wieder ausgegeben werden.

Vorsicht also: Wer alles Geld ausgegeben hat, ist vom Wohlwollen der Mitspieler abhängig. Er kann gewissermaßen verhungern, wenn er immer nur das nächste Plättchen nehmen muss. Ärgerlich ist das gerade dann, wenn er gerade keine eigene Mühle auf dem Brett besitzt.

Die Mühlen auf dem Spielplan geben uns die Punkte. Sobald ein Mühlenplättchen, das ich mit meiner farbigen Mühlenfigur markiert habe, von Ackerfläche oder anderen Mühlen komplett umschlossen ist, wird gewertet. Ich addiere den Wert meines Mühlenplättchens mit dem der angrenzenden Feldfrüchte. Außer bei einer Monokultur. Dann gibt es nichts.

Auch hier ist man eng mit dem Vorgehen der Gegner verknüpft, wenn nicht sogar davon abhängig. Manchmal würde es reizen, dem Mitspieler ein für ihn nachteiliges Feld an seine Mühle zu bauen. Doch das ist nur dann möglich, wenn der Acker gleichzeitig meine eigene Mühle berührt. Das passiert sehr oft, und man kann dabei den Mitspieler ärgern oder profitieren lassen.

Für ein taktischeres Spiel gibt es die Rückseite des Spielbretts. Dort sind einige Landschaftsfelder schon fertig aufgezeichnet. Im Grundspiel werden diese Felder als Plättchen verdeckt auf dem Spielbrett verteilt – sie stellen kleine Inseln dar, die besonders schnell entwässert werden können. Wenn ich diese Inseln mit einem Mühlenplättchen erreiche, drehe ich die Insel um und habe sofort ein Stück trockenes Ackerland.

Und bei der Taktikvariante gibt es nichts umzudrehen. Diese Felder sind bereits gedreht und fest eingezeichnet. Was wollen uns Burkhardt/Kramer damit sagen? Wer zuviel Taktik und Strategie möchte, vergibt sich die spielerisch schöne Geschichte? Ohne Zufälle wird das Spielerleben langweiliger? Das Autorenduo stellt an dieser Stelle eine überaus interessante These auf. Während man bei anderen Autoren erst mit der Taktikvariante das Spiel in seiner vollen Schönheit genießen kann, geschieht bei Seeland das Gegenteil. Es wird entkleidet und seiner thematischen Stimmigkeit beraubt.

Wer mehr erleben will, muss eine der beiden im Spiel enthaltenen Ergänzungen – Rekorde und Vögte – hinzunehmen. Diese lassen den Grundcharakter des Spiels unverändert. Sondern sie ergänzen Seeland in thematischer Hinsicht, insbesondere die Vögte sind empfehlenswert. Sie sind es, die darauf bestehen, dass manche Wertungen einen Mindestertrag erbringen. Das ist nett – und fügt sich in den eher glückslastigen Spielablauf fein ein. Seeland ist ein rundum gelungenes Spiel nicht nur für Nordseefans.

© Harald Schrapers · games we play 2010