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Australia

nett: 4 PunkteAufbruch ins Abenteuer

von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling

Ravensburger

ca. 33 €

– nicht mehr lieferbar –

bis 5 SpielerInnen

Schwierigkeit einfach (ab ca. 10 Jahre) 

Verpackung −

2005

Zwei Leute kümmern sich um ein Spiel. Das kann ein Hinweis auf etwas Gutes sein – besonders wenn Wolfgang Kramer dabei ist. Einer hat die Idee für einen guten Spielmechanismus, und der andere sorgt dafür, dass das ganze rund läuft und die richtige thematisch Einbettung bekommt.

Doch bei Australia ist das nicht so recht gelungen. Zwar liegt tatsächlich die Landkarte des fünften Kontinents vor uns. Doch manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass das Ganze eigentlich ein abstraktes Schachbrettmuster ist. Und zwar ein ganz besonders verwirrendes, bei dem die Felder meist nicht quadratisch sind, sondern auch mal fünf- oder sechseckig.

Wir sind irgendwann in den zwanziger Jahren unterwegs mit einem Trupp Ranger, die in der jeweiligen Spielerfarbe markiert sind. Um sie in den Weiten des Landes zu bewegen, besitze ich Flugzeuge aus der Doppeldecker-Generation.

Zwei Aktionen pro Zug kann ich machen, dabei stehen drei Möglichkeiten zur Auswahl. Ich kann mit meinem Flugzeug fliegen. Ich kann in der Region, wo ich gelandet bin, Ranger in einem der dortigen Camps absetzen. Oder ich kann die Rangerfiguren dort wieder einsammeln, denn deren Anzahl ist sehr knapp.

Um Ranger in einer Region abzusetzen, muss ich nicht nur mit dem Flugzeug vor Ort sein, sondern auch eine Spielkarte in der richtigen Farbe ausspielen. Je nach Karte darf ich ein bis vier Spielfiguren absetzen. Außerdem bekomme ich umgekehrt einen bis vier Siegpunkte, die zunächst als Dollar ausgezahlt werden.

Die Ranger haben in den Gebieten jeweils zwei Aufgaben, die durch zwei unterschiedliche Chips repräsentiert sind. Der eine Chip mit dem Koala steht für ein Umweltschutzprojekt. Und wem das zu sehr nach Political Correctness klingt, für den gibt es direkt daneben ein Industrialisierungsprojekt. Ob dieser neumodische Spagat zwischen Wirtschaftsförderung und Naturschutz tatsächlich die Aufgabe eines Rangers war, der vor achtzig Jahren arbeitete, erscheint mir allerdings unwahrscheinlich.

Wenn alle Camps einer Region besetzt sind, wird der Koalachip aus dem Spiel genommen und es wird gewertet. Pro Ranger gibt es einen Punkt. Für den Spieler, der die Wertung ausgelöst hat, gibt es zusätzlich drei Bonuspunkte auf der unvermeidlichen Kramerleiste.

Für die Industrialisierung ist die Wertung modifiziert. Dieser Chip besitzt eine Ziffer. Wenn die Zahl der dortigen Ranger exakt dieser Ziffer entspricht, gibt es die Punkte auf der unvermeidlichen Kramerleiste.

Die Ziffer auf dem Industrialisierungschip ist zunächst verdeckt. Sie wird erst dann aufgedeckt, wenn das erste Flugzeug dort landet. Gelegentlich stehen in diesem Moment sogar schon zu viele Spielfiguren in dieser Region. Denn alle Camps liegen in Grenzorten, was bedeutet, dass sie auch von der Nachbarregion aus beschickt werden können. So ergibt das ganze Spielfeld ein seltsam zusammenhängendes Geflecht, bei dem mit zwei Aktionen auch schon einmal eine Kettenreaktion ausgelöst werden kann.

Zusätzlich zu meinen beiden Aktionen kann ich immer auch noch einen oder gar mehrere Ranger beliebig über das Spielbrett wandern lassen, eben auch dann, wenn kein Flugzeug in der Nähe ist. Es kostet mich nur jeweils vier Siegpunkte in der Form von gespartem Geld.

Leider ist die Spielanleitung an dieser Stelle lückenhaft. Aber das ist nicht der Grund, dass zumindest beim ersten Spiel, aber oft auch noch beim zweiten oder dritten, Verwirrung vorherrscht. Die Spielregel ist zwar kurz und knapp, aber das Spielbrett umso unübersichtlicher. Wenn sich die Handlungsmöglichkeiten auf die Farben der beiden Karten in meiner Hand und das Flugzeug beschränken würden, wüsste man, auf welche Gegend man seine Überlegungen konzentrieren muss. Doch der sich frei über das ganze Land beamende Ranger erweitert die Möglichkeiten enorm. Und für drei Dollar kann ich außerdem noch eine Art Farbzauber auf meine Spielkarte sprechen, die dann auf einmal chamäleongleich ihren Farbton ändert.

Die Unübersichtlichkeit des Spielbretts war den Machern des Spiels durchaus bewusst. Denn sie haben in die Anleitung geschrieben, dass ein Spieler, der eine Wertung übersieht, Pech hat. Stattdessen kassiert einer der Mitspieler die Bonuspunkte. Diese Art der Schadenfreude mag mancher Spieler für lustig halten, ich meine jedoch, dass in einem eher taktischen Spiel solche Elemente wie ein Fremdkörper wirken.

Die Ranger können auch auf den Meeresfeldern aktiv werden. So will es die Spielregel, obwohl die Flugzeuge so gar nicht wassertauglich aussehen. Welche Art Industrie auf den Ozeanen angesiedelt wird, bleibt uns verschlossen. Vielleicht die ersten Offshore-Windparks?

Bei den Meeresfeldern gibt es auch Camps auf Schiffen. Sie sind besonders wichtig, da die dort abgesetzten Figuren doppelte Punkte bringen.

Für eine Spielstrategie sollte man die Meeresfelder wegen dieser Verdoppelungsmöglichkeit keinesfalls übergehen. Doch ein automatischer Sieg winkt demjenigen, der auf die Schiffsstrategie gesetzt hat, trotzdem nicht. Denn die Landregionen haben den Vorteil, dass die dortigen Camps teilweise sogar an vier Regionen angrenzen und folglich vier mal gewertet werden können.

Eigentlich könnte Australia ein sehr flottes Spiel mit kurzer Dauer sein. Ist es oft auch, viele Züge sind ganz schnell gemacht. Aber wenn der Spieler rechts von mir etwas Entscheidendes auf dem Brett verändert, kann ich neu anfangen, zu überlegen. Wenn ich dann versuche, alle Situationen auf der unübersichtlichen Landmasse dieses Kontinents zu durchdenken, wünschen mir meine Mitspieler eine Schachuhr.

Die thematische Einbettung des Spiels ist ein Torso. Da gibt es zu viele Ungereimtheiten, die den abstrakten Hintergrund nur ungenügend abdecken und auch zum Spielverständnis kaum beitragen. Zumal das Schönste am Spiel wohl gar nicht zum Einsatz kommen wird. Das ist nämlich ein schickes Windrad, das gleichzeitig eine Art Glücksradfunktion besitzt. Dieses große Rad soll von Region zu Region wandern und dabei seinen eingestellten Zahlenwert erhöhen. Irgendwann käme es dann zu einer Windradwertung. Dabei gewinnen die Spieler, die am meisten Ranger auf die Windradleiste gestellt haben. Doch will ich das? Dann müsste ich über diese Möglichkeit noch zusätzlich nachdenken. Und dabei bin ich mit meinen Überlegungen schon längst ausgelastet.

Das Windrad wäre eigentlich ein typisches Erweiterungs-Set für dieses Spiel. Leute, die zwei bis drei Dutzend Partien hinter sich haben, würden sich über ein solches Giveaway freuen. Ich werde, wie wohl viele andere Spielerinnen und Spieler auch, so weit wohl kaum kommen.

Kramer/Kiesling können mit Australia in keiner Weise an Hits wie Tikal anschließen. Zwar bietet das Spiel einige flotte Elemente, ein paar taktisch-strategische Herausforderungen, doch bleibt der Gesamteindruck eines spröden Spiels, das eher unattraktiv umgesetzt wurde.

© Harald Schrapers 2005–07