Darjeeling
von Günter Burkhardt
– nicht mehr lieferbar –
2 bis 5 SpielerInnen
Schwierigkeit
2008
Als Darjeeling-Fan bin ich natürlich befangen. Die Zeit der mit Räucherstäbchen begleiteten aromatisierten Teesorten habe ich zu Beginn meines Erwachsenen-Daseins schnell überwunden. Und bin zu richtigem Tee übergegangen, der nach Tee schmeckt. Und nicht nach Vanillin, künstlichen Wildkirscharomen oder anderen Scheußlichkeiten. Seit es die Berliner Teekampagne gibt, lasse ich mir einmal jährlich den frischen Darjeeling First Flush zuschicken. Und seit ein paar Jahren lasse ich mir noch etwas Grüntee dazulegen. Etwas anderes kommt mir nicht in die Tasse
Zu den in diesem Abacusspiel befindlichen weißen und roten Teesorten habe ich mich noch nicht durchringen können. Sie werden eh nicht aus Darjeeling-Tee hergestellt. Aber in dieses Spiel passen sie ganz gut. Denn es geht nicht nur um die indische Darjeeling-Region. Denn man darf zu Spielbeginn je nach Belieben Indien, Sri Lanka oder China aus Kartenplättchen legen. Das ist zwar ein etwas grobes Bild dieser Länder, sieht aber trotzdem verblüffend gut aus.
Und dann läuft man mit seiner Teepflückerfigur über diese Landkarte. Wenn man nur einen Schritt geht, ist es kostenlos. Wenn man weiter möchte oder gar andere Figuren überspringt, muss man Siegpunkte abgeben. Ziel ist das Einsammeln von Teekisten, die auf den Plättchen abgebildet sind. Hinter einem Sichtschirm gilt es die Plättchen dann zu ganzen Kisten zusammenzupuzzeln. Auf den Kärtchen sind nämlich nur viertel, halbe oder dreiviertel große Teekisten. Außerdem können sie die vier bereits erwähnten unterschiedlichen Teefarben haben.
Wenn einem das Puzzeln gelingt – schwierig ist es dabei eigentlich nur, die entsprechend passenden Kärtchen einzusammeln – darf man eine einfarbige Sammlung vollständiger Kisten auf den Markt bringen und zu verschiffen. Dabei ist gutes Timing gefragt. Denn die Kistenzahl wird auf ein Schiff gelegt und mit einem Multiplikator bedacht. Doch diese Punkte werden erst ab der nächsten Runde gezählt. Das ist riskant und der hohe Multiplikator kann sich schnell in Luft auflösen. Denn mit jeder Folgelieferung eines Mitspielers, und wenn sie noch so klein ist, sinkt der Multiplikator. Das heißt umgekehrt: Man sollte zum richtigen Zeitpunkt vielleicht auch mal nur ein einziges kleines Teekistchen verkaufen – einfach um ein bisschen den Mitspieler zu ärgern.
Noch raffinierte als das Schiffeverschieben ist das als Rutsche ausgearbeitete Nachfrage-Barometer. Da befinden sich zwei Holzchips pro Teefarbe. Der weiter unten liegende Chip wird im Moment des Verkaufs wieder nach oben auf die Rutsche gelegt und dann der Abstand zum zweiten Chip dieser Farbe ermittelt. Je größer, desto höher ist der Bonus für den Spieler. Hingegen sind Teesorten, die in schneller Folge auf den Markt geworfen werden, benachteiligt. Verblüffend: Marktwirtschaftliche Nachfrage anhand eine Rutsche darzustellen – auf diese Idee muss man erstmal kommen.
Der Spielablauf von Darjeeling ist zwar auf den ersten Blick nicht übermäßig spannend. Aber alles in allem schaffen die verschiedenen Elemente des Spiels insgesamt ein empfehlenswertes Spiel, das thematisch gelungen ist und für taktische Überlegungen Raum lässt. Einziger echter Nachteil ist das etwas fummelige Handling dieses Spiels. Aber darüber kann ich großzügig hinwegschauen.
© games we play 2008–16 – Harald Schrapers