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Kreml

super: 6 Punkte games we play Tip: Das TOPspielvon Urs Hostettler

Fata Morgana

ca. 18 €

– nicht mehr lieferbar –

bis 6 SpielerInnen

Schwierigkeit mittel (ab ca. 12 Jahre)

Auswahlliste Spiel des Jahres 1987

Der Kreml im Jahre 1951 ist Schauplatz der Handlung. Partei- und Regierungschef ist der kranke 85jährige Nestor Apparatschik. Und die Politbüromitglieder lauern bereits auf den Posten an der Spitze.

Während des Putsches gegen Gorbatschow 1991 wurde Kreml plötzlich wieder topaktuell: Da wurden die Leute reihenweise krank, waren außerhalb Moskaus in Kur, da wechselten die Personen in den Ministerien, dass einer schwindelig wurde - und niemand wusste, ob es Spiel oder Wirklichkeit ist.

"Stalinisten können Kreml direkt als Lernspiel verwenden", empfiehlt die Spielanleitung. SpielerInnen ab 50 Jahre können mitmachen, jüngere nur ausnahmsweise, "vorausgesetzt, sie haben das gewisse Gefühl fürs Eigenleben der Gerontokratie." Hier knüpft das Spiel realistisch an die Moskauer Realität vor Gorbatschow an, als im Kreml die Alten und Senilen herrschten.

In dem Spiel gibt es eine Menge Personen, die auf Posten im Politbüro sitzen, zu den Kandidaten zum Politbüro gehören, Volk sind, nach Sibirien verbannt sind oder bereits an der Kreml-Mauer liegen. Alle diese Personen (außer die an der Kreml-Mauer) können von SpielerInnen in ihrem Tun beeinflusst werden. Ziel ist es, einen Politiker auf den Posten des Parteichefs zu hieven, auf den die SpielerIn besonders großen Einfluss besitzt. Wenn dies nicht gelingt, sollte es zumindest ein Politiker sein, der bereits krank und alt ist und sowieso nicht mehr lange durchhält.

Beliebtes Spielelement sind die Säuberungen des KGB und die Untersuchungen des Verteidigungsministers, bei denen jeweils eine Reihe von Leuten in Sibirien landen können. Der Streß lässt bei solchen Aktionen alle Beteiligten jedoch äußerst schnell alt werden. Schwere Krankheiten lassen dann nicht auf sich warten. Und jedes Jahr fordert die Kreml-Mauer ihren Tribut.

Gewonnen hat die SpielerIn, die auf den Politiker gesetzt hat, der es schafft, als Parteichef dreimal die Oktoberparade abzunehmen: und zwar stehend und winkend bis zum Ende, ohne mit einer Herzattacke zusammenzubrechen.

Die thematische beziehungsweise satirische Qualität von Kreml ist einmalig gut. Und - was dieses Spiel so einmalig macht - der Spielablauf leidet darunter überhaupt nicht. Selbst heute, nach vielen Jahren, kann Kreml immer noch mit aktuellen Neuerscheinungen konkurrieren und steht dabei für ein höchst originelles Spielprinzip. Bestenfalls die äußerst einfache Ausstattung des Spiels darf kritisiert werden - aber darüber sehen alle Kreml-LiebhaberInnen gerne hinweg.

© games we play - niederrhein magazin 1991–2013 - Autor: Harald Schrapers