games we play

Krieg und Frieden

Ein Kathedrale braucht das Land

von Gerard Mulder

TM (Vertrieb: Kosmos)

ca. 35 €

– nicht mehr lieferbar –

bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeit mittel (ab ca. 12 Jahre) schön: 5 Punkte

Verpackung -

1999

Seit Tom Werneck, Gründungsmitglied der Spiel des Jahres-Jury, in der Frankfurter Rundschau begründet hatte, warum Krieg und Frieden nicht auf der Auswahlliste der Jury steht, ist es sicherlich das umstrittenste Spiel des Jahrgangs 1999. "Darf man ein Spiel mit solch einem Titel, einem ausgesprochen kämpferischen Inhalt und einem aggressiven, emotionsgeladenen Ablauf als spannende Unterhaltung empfehlen?", fragte Werneck.

Über den Titel kann man sicherlich streiten. Insbesondere deshalb, weil er das Spielthema nicht sonderlich gut trifft. Denn es geht um den Bau einer Kathedrale. Grundlage des Spiels ist ein recht interessant gemachtes Kartenspiel, bei der die Karten eine doppelte Funktion erfüllen. Zunächst wird die SpielerIn, die die besten Karten auslegt, "Königlicher Berater". Dies bringt mindestens einen Siegpunkt. Wenn in der betreffenden Runde an der Kathedrale weitergebaut wird, dann gibt es sogar mehr Siegpunkte, insbesondere, wenn rechtzeitig vorher mit Hilfe der "Hammer"-Karten Arbeiterhütten gebaut wurden. Der Bau von Häusern ist eine der möglichen Zweitfunktionen der Spielkarten. Am mächtigsten sind jedoch die "Schild"-Karten. Damit kann eine gegnerische SpielerIn herausgefordert werden, die sich dann auch mit einem "Schild" verteidigen müsste. Wenn sie keinen "Schild" hat wird eine - wie niederträchtig ihrer Arbeiterhütten niedergebrannt. Dies ist die einzige richtig kriegerische Formulierung in der Spielanleitung. Die Konsequenz ist für die Betroffene ärgerlich, allerdings auch recht harmlos: die Hütte wird in den Vorrat zurückgenommen und kann später wieder aufgebaut werden. Mensch ärgere dich nicht ist ähnlich kriegerisch. Zumal bei Krieg und Frieden auch Diejenige ihre Hütten abreißen und in den Vorrat zurücklegen muss, die erfolgreich an der Kathedrale gebaut hat.

Mir erscheint der Titel, der Tom Werneck an den Kosovo-Krieg erinnern lässt, wenig problematisch. Ärgerlicher sind Formulierungen wie "hartes Strategiespiel", für "hartgesottene Spieler" und "nichts für zarte Gemüter", mit denen TM dieses Spiel anpreist. Denn sie haben mit der Realität dieses Spiels wenig zu tun. Sicherlich: mit etwas Erfahrung kann man auch taktisch spielen, über manch verlorene Hütte sollte man sich kräftig ärgern und man wird seine "Schild"-Karten gnadenlos gegen die schutzloseste SpielerIn einsetzen. Dies scheint mir aber keine sonderlich herauszuhebende Besonderheit dieses Spiels zu sein. Krieg und Frieden ist ein erstklassiges Spiel des Niederländers Gerard Mulder, der sein Spiel ursprünglich Charlemagne nannte. Es macht ordentlich Spaß und von hochgerüsteten Armeen ist eigentlich nichts zu merken.

Wenn alle Teile der bildschönen Holzkathedrale zusammengesetzt sind, ist das Spiel zu Ende. Auffallend häufig gewinnt die SpielerIn, die das letzte Kathedralenteil gebaut hat, denn dafür gibt es besonders viele Punkte. Trotzdem ist der vorangegangene Spielverlauf nicht unwichtig. Denn wer da nichts gewonnen hat, dem reichen auch die Punkte am Ende nicht.
 

Der Autor schlägt zwei Regelveränderungen vor, die auch wir empfehlen:
Die eine Machtkarte pro Zug, die jede SpielerIn immer erhält, sollte von den SpielerInnen ausgesucht (statt verdeckt gezogen) werden. 
Auch wer ein Kathedralstück baut bekommt ein Privileg.

© games we play - niederrhein magazin 1999-2002 - Autor: Harald Schrapers


Stand: 18.6.02