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Tribun

schön: 5 Punkte von Karl-Heinz Schmiel (Moskito)

Heidelberger (Redaktion: Harald Bilz, Heiko Eller)

ca. 40 € 

– nicht mehr lieferbar –

2 bis 5 SpielerInnen

Schwierigkeitmittel (ab ca. 12 Jahre)

5. Platz Deutscher Spiele Preis 2008

Fraktionen übernehmen und beherrschen – darum geht es bei Tribun. Doch es gibt weder eine CDU/CSU-Fraktion noch eine sozialdemokratische. Denn wir befinden uns im alten Rom, das von ganz anderen Gruppen beherrscht wird. Von den Gladiatoren bis hin zu den Senatoren bestimmen gleich sieben solche Fraktionen das öffentliche Leben.

Eine besonders beliebte unter diesen sieben Gruppen ist die Priesterschaft der Vestalinnen, die einzige Frauenfraktion. Wenn ich diese Fraktion mit mindestens zwei Vestalinnen-Spielkarten übernehmen kann, gewinne ich den entsprechenden Fraktionsmarker und besitze sofort die „temporäre Gunst der Götter“ – und habe eine der Siegbedingungen erfüllt. Schneller geht das mit keiner anderen Aktion. Doch die Gunst ist eben nur temporär und somit vergänglich. Sobald ich die Kontrolle über die Vestalinnen wieder verliere, gerate ich aus dem Blickfeld der Götter. Doch so schlimm ist das nicht. Wer einmal eine temporäre Gunst hatte kann sich mit einem einfachen Kartenopfer am Pantheon der „ewigen Gunst“ versichern.

Überhaupt sollte man nicht allzu lange auf die Kontrolle einer bestimmten Fraktion beharren. Im Spiel merkt man schnell, dass Fraktionen-Hopping viel lukrativer sein kann. Denn dann kriegt man jedes Mal einen Fraktionsmarker und den so genannten Übernahmevorteil. Außerdem spart man Spielkarten. Denn um eine Fraktion möglichst lange zu kontrollieren, muss man schon bei der Übernahme sehr viele Karten auslegen. Denn später kann man sich nicht mehr verteidigen.

Im Kern hat Tribun viel von einem Kartenspiel. Zu Beginn jeder Runde werden ein paar Hand voll Karten auf dem Spielbrett verteilt. Einige liegen offen aus, einige verdeckt, einige kosten Geld, andere kriegt man gegen den Tausch mit einer anderen Karte. Und versteigert wird auch. Selbst in der Latrine liegt eine Karte. Sie ist aber – geflügelter Spruch aller Tribun-Spieler – meistens besetzt, wenn man dort dringend hin müsste. Der Ablauf ähnelt ein wenig den Säulen der Erde, dem Vorjahres-Gewinner des Deutschen Spiele Preises, in dessen Fußstapfen dieses Spiel vielleicht treten könnte. Reihum setzt jeder Spieler eine seiner Figuren aufs Spielbrett, um zu markieren, wo er aktiv werden möchte. Er geht entweder zu den Stellen, wo es Spielkarten gibt, oder alternativ zu den Fraktionen, die er zu übernehmen wünscht. Oder zur Münzschale, wo es frisches Geld gibt. Wenn alle Figuren gesetzt sind werden die Aktionen in der vorgegebenen Reihenfolge abgearbeitet.

Eigentlich handelt es sich um einen leicht nachvollziehbarer Spielablauf, der sich Neulingen sehr gut während einer Probepartie erklären lässt. Da ist es schon erstaunlich, dass die Spielanleitung zwölf eng beschriebene Seiten zählt. Auch wenn diese viele Beispiele und historische Erläuterungen beinhaltet – leider wirkt  diese Fülle abschreckend. Für die beiliegende Kurzspielregel wird hingegen kaum mehr als eine Seite gebraucht. Vielleicht hätte man zwischen diesen beiden Extremen einen Mittelweg finden können?

Ich wünsche mir, dass Tribun möglichst viele Spielerinnen und Spieler findet. Denn es ist ein außergewöhnlich abwechslungsreiches und ansprechendes Spiel. „Man wird förmlich ins Spiel hineingesaugt“, lobte Wolfgang Friebe in der Fairplay. Hingegen fand Udo Bartsch in seiner Spielbox-Rezenzion ein Haar in der Suppe. Die Siegbedingungen würden sich „nicht organisch in den Spielverlauf fügen“.

Tatsächlich sind die Siegbedingungen das Salz in der Tribun-Suppe. Denn man kann jede Partie mit anderen Bedingungen spielen. Es gibt dafür spezielle Kärtchen, aus denen man sich Siegbedingungen für kurze oder lange Partien, größere oder kleinere Gruppen aussucht. Sechs Bedingungen stehen auf jeder Karte, die Zahl der zu erfüllenden ist jeweils unterschiedlich.

Die Gunst der Götter ist eine der zum Sieg führenden Möglichkeiten. Hinzu kommt das mit bestimmten Fraktionskombinationen zu erwerbende Tribunplättchen. Und der Rest wird in Eichhörnchen-Manier gesammelt: Legionenchips, Lorbeeren, Fraktionsmarker und Geld. Dass das Geld auch noch andere Funktionen im Spiel hat, ist schön. Dass auf der anderen Seite beispielsweise die Legionen etwas unvermittelt das Spielende mitbestimmen, stört mich nicht besonders. Das ist dann eben der schleichende Weg zum Sieg.

Nein, ich bin vollauf zufrieden mit diesem Spiel. Besonders beeindruckend ist die absolut gelungene Kombination aus taktischen oder strategischen Möglichkeiten und dem klug abgewogene Glückfaktor, der in erste Linie durch die zufällige Kartenverteilung zu Beginn jeder Runde entsteht.

Das Spiel fängt eher locker an und man guckt, wo man unbehelligt eine gute Ausgangsposition erhält. Anschließend sollte man gezielt gucken, auf welche Siegbedingungen man sich konzentriert. Gut ist es, das zu machen, was die Mitspieler vernachlässigen.

ch finde das Spiel am besten zu viert. Dann lässt es sich noch flott spielen – es gibt Szenarien, bei denen eine Stunde ausreicht. Gleichzeitig kommt man sich aber auch oft genug in die Quere, um einen wirklich spannendes Spielerlebnis zu garantieren.

Viele Spiele, die mit einem ähnlich hohen Anspruch antreten wie Tribun, verzichten auf ein größeres Zufallselement. Da geht es fast nur noch um Strategie und das Spielerische tritt in den Hintergrund. Karl-Heinz Schmiel (Die Macher) ist es hingegen gelungen, Tiefgang auf das Brett zu bringen, ohne das Spielerische zu vergessen.

© games we play 2008–15 – Harald Schrapers