games we play

Zauber Stauber

nett: 4 PunkteHext du noch – oder fliegst du schon?

von Heinrich Gumpler

Kosmos (Redaktion: TM)

ca. 15 €

– nicht mehr lieferbar –

bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeitsehr einfach (ab ca. 8 Jahre)

Verpackung −

2006

Marketing-Strategen haben es nicht so einfach. Da hat man ein Spiel, bei denen Raketen auf vorprogrammierten Strecken an Asteroiden und Planeten vorbei durchs All sausen. Doch wie verhindere ich, dass sich nur der männliche Teil der Spielekäufer für den Titel interessiert? Alternativ könnte ich wie bei Harry Potter mit einem Hexenbesen durch die Gegend fliegen. Aber dann denkt jeder, es ist ein Kinderspiel.

Deshalb müssen die Besen schon mindestens zu einem Staubsauger aufgerüstet werden. Zudem schreiben Heinrich Gumpler und die TM-Spiele-Redaktion beinahe demonstrativ „ab 10 Jahre“ auf die Schachtel. Obwohl das Spiel gar nicht so schwierig ist – die Grundregeln sind sogar verblüffend einfach. Augenmaß, räumliches Vorstellungsvermögen und zuletzt auch noch motorisches Geschick sind abseits der Regeln die eigentlichen „Förderziele“ von Zauber Stauber.

Ähnlich wie beim Klassiker Roborally geht es darum, den Flug des Staubsaugers vorab zu programmieren. Jedoch gibt es kein Spielbrett, sondern man fliegt im freien Raum auf der Tischplatte. Nur ein paar Hexenburgen liegen als Plättchen im Weg herum. Und man spielt mit offenen Karten – bei denen es sich um 20 verschieden gewinkelte Kurven handelt.

Wer an der Reihe ist, sucht sich für seinen Stauber eine Kurve aus, die er an sein „Zauberbuch“ anlegt. Fliegen kann er damit jedoch frühestens eine Runde später. Zumeist wird der Spieler jedoch versuchen, erst noch eine weitere Kurve auszuwählen. Dann kann er nämlich später mehrere Kurven auf einen Schlag an den Staubsauger anlegen. Das Risiko, dass man dabei seine räumliche Vorstellungskraft überschätzt, steigt jedoch erheblich.

Wer sich entscheidet zu fliegen, legt seine in den Runden zuvor genommen Kurven an die Startposition an und setzt an dessen Ende seinen Flugstauber. Das hört sich einfach an. Manch einer scheitert dabei an den stationären Burg-Hindernissen, die auf dem Tisch rumliegen. Und andere rammen einen gegnerischen Stauber, bei dessen Position sie sich verschätzt haben.

Zauber Stauber besteht aus stabiler Pappe. Das hat den Nachteil, dass die Kurven beim Aneinanderlegen auf dem Tisch leicht verrutschen können – was der hier notwendigen Präzision widerspricht. Alternativ hätte man die Kurven auch aus massivem Metall mit einer rutschfesten Gummisohle fertigen können. Dieses Spiel wäre dann zwar so teuer, dass es sein niemand mehr leisten würde – aber es wäre für chronische Grobmotoriker und kleinere Kinder geeignet. Stattdessen nehmen wir mit den doch ganz passabel funktionierenden Pappkurven vorlieb. Und die ebenfalls aus Pappe gefalteten Stauber-Figuren stabilisieren wir mit etwas Klebstoff.

In der einfachsten Regelvariante geht es darum, als erster Stauber das Katzen-Plättchen am anderen Ende des Tisches zu rammen. Für Fortgeschrittene geht es nach einer Wende wieder zurück zur Heimatburg, und am Ende muss man mit einer Kurve „rückwärts einparken“. Stufe drei bedeutet, derjenigen Figur, die das Katzen-Plättchen auf dem Buckel trägt, sie abzujagen, in dem man den Stauber rammt.

Bei der Königsdisziplin spielt eine neutrale Flugfigur mit, die versucht, die Hexenburgen zu rammen und zu zerstören. Dabei verwendet sie die selben Kurven wie die Mitspieler – jedoch immer in Richtung der nächstgelegenen Burg. Wer diese Figur rammt und damit an ihrem zerstörerischen Tun hindert, hat gewonnen. Die verschiedenen Varianten ist hier keine auf Quantität zielende Spielesammlung, sondern die einzelnen Szenarien bauen recht sinnvoll aufeinander auf.

Zauber Stauber ist ein Spiel, das den klassischen Brettspielrahmen sprengt. Es würde mit Sicherheit jeden Originalitätspreis gewinnen. Doch das heißt auf der anderen Seite auch, dass nicht jeder damit glücklich wird.

Denn es kommt zunächst mal überhaupt nicht darauf an, taktisch geschickte Entscheidungen zu treffen. Sondern Augenmaß ist gefragt. Und von dieser Fertigkeit haben die einen mehr, die anderen weniger. Immerhin: man kann es trainieren. Und dann kann man sich auch ein paar taktische Ideen einfallen lassen. Seinen Gegnern kann man sich hier schön blockierend in den Weg stellen und sie dann quasi verhungern lassen.

Heinrich Gumpler, der bislang vier Brettspiele im Eigenverlag Erlkönig herausgebracht hatte, hat mit Zauber Stauber erstmals einen Großverlag für sein Spiel gefunden. Es ist ein wirklich bemerkenswertes Spiel geworden.

© Harald Schrapers 2006–07