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Colt Express

Gold am Ende der Bahn

von Christophe Raimbault

Ludonaute (Vertrieb: Asmodee, Redaktion: Robin de Cleur, Sebastian Rapp)

supergames we play Tip: Das TOPspielca. 35 €

2 bis 6 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfach (ab ca. 10 Jahre)

Spiel des Jahres 2015

3. Platz Deutscher Spiele Preis 2015

Was für ein Film läuft denn hier ab? Ein seltsam zeitverzögerte Western, bei dem die Schauspieler nicht wissen, was sie tun und irgendwie die Synchronität fehlt. Der Grund ist naheliegend. Wir müssen nämlich vorab entscheiden, wie sich unsere Heldendarstellerinnen und -darsteller durch den Zug bewegen.

Reihum legen wir unsere Karten mit den Tätigkeitsbefehlen auf den Stapel. Abgearbeitet wird er, sobald der Stapel voll ist. Dann heißt es „Film ab“ und unsere Meeple bewegen sich. Sie laufen in den Nachbarwaggon, klettern auf das Wagendach, hauen dem gegnerischen Ganoven eine runter, klauen Geld oder Edelsteine und schießen in den nächsten Waggon.

Manches ist vorhersehbar, weil wir die Karten offen ausgespielt haben. Außer dann, wenn der Zug im dunklen Tunnel fuhr. Außerdem gibt es Entscheidungsalternativen:  In welchen der beiden Nachbarwagen laufe ich? Schieße ich nach vorn oder hinten?

Fünf Runden werden gespielt, alle haben viel Spaß mit dem manchmal zum Slapstick werdenden Geschehen. Und am Ende gewinnt der Revolverheld? Oft stimmt das. Wer am häufigsten geschossen und getroffen hat, bekommt 1000 Dollar Belohnung. Das ist eine Menge. Genauso viel erhält man nur, wenn man den vom Marshal bewachten Geldkoffer raubt. Bei den Passagieren sind nur zwischen 250 und 500 Dollar zu holen. Es haben auch schon Westernhelden gewonnen, die weniger geschossen aber klug geraubt haben.

Besonders wichtig ist es, nicht ins Visier eines schießwütigen Gegners zu geraten. Opfer gibt es zwar keine – glücklicherweise dürfen alle bis zum Ende mitspielen. Aber je häufiger einem die Patronen um die Ohren fliegen, desto langsamer wird man. Die gegnerische Patrone wird nämlich ins eigene Kartendeck gemischt. Und wenn man zu Beginn der nächsten Runde seine sechs Handkarten zieht, steigt die Gefahr, statt guter Aktionen sinnlose Patronen zu ziehen.

Beeindruckend ist die Kulisse dieses Spiels, das deshalb wie ein Film wirkt – wenn auch wie ein B-Movie. Statt eines Spielbretts gibt es einen dreidimensionalen Zug, für dessen Zusammenbau man je nach Geschick 30 bis 60 Minuten Zeit einplanen sollte.

Chaotisch, schlecht vorhersehbar und beliebig sei eine Partie Colt Express, mäkeln die wenigen Kritiker. Die allermeisten Spieler sagen das Gegenteil: Colt Express ist ein Wahnsinnsspiel, und Chaos gehört zum Programm.

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