Humanity
von Yoann Levet
MM-Spiele (Lizenz: Bombyx, Vertrieb: Hutter Trade)
Illustration: Rémy Paul u.a.
Hergestellt in China
ca. 70 €
2 bis 4 SpielerInnen
Schwierigkeit ◼◼◼◻
Jahrgang 2025
Martin Mader (MM-Spiele) startete vor zwei Jahren mit der Lokalisierung des vom französischen Bombyx-Verlag kommenden Sea, Salt & Paper und konnte direkt einen Hit landen. Inzwischen hat er sein Programm ausgeweitet und verlegt unter anderem mit dem im Original auch bei Bombyx erschienenen Humanity die deutsche Ausgabe eines großen und sehr opulent ausgestatten Spiels – quasi das Gegenteil des kleinen Kartenspiels Sea, Salt & Paper.
Große Astronauten-Figuren aus Kunststoff, eine sich drehende Raumstation als Spielbrett, ein ausgeklügeltes System mit praktischen Pappboxen zum Verstauen plus ein großformatiges gebundenes Buch. Wer sich erschreckt, dass ein komplettes Buch als Anleitung notwendig ist, sei beruhigt. Die Regeln dieses gehobenen Kennerspiels sind überschaubar, während eine Science-Fiction-Geschichte, Sachinformationen zur Raumfahrt und Nasa-Fotos den weitaus größeren Teil der Buchseiten einnehmen. Es geht um eine Erkundung des „potenziell bewohnbaren“ Saturnmondes Titan, und Humanity fußt darauf auf, die reale Geschichte der Titan-Erforschung bis ins Jahr 2078 fortzuschreiben, was ein ziemlich faszinierendes Projekt ist.
Noch wichtiger – wir wollen ja ein Spiel spielen, und keinem Projekt beiwohnen – ist das, was auf dem Brett und vor den Mitspielenden passiert. Und das ist durchaus raffiniert gemacht. Unsere persönliche Basis ist kein fixes Tableau, sondern besteht aus Karten – Modulen –, die in einem Raster liegen. Wenn ich einen meiner Astronauten aktiviere, darf ich eine meiner Module um 90 Grad drehen, was anzeigt, dass ich nun mehr Rohstoffe besitze. Diese Rohstoffe – Eis, Methan und Insekten – benötige ich, um die auf der zentralen Raumstation ausliegenden Module zu kaufen. Also stelle ich einen noch nicht aktivierten Astronauten dort hin, wo sich das gewünschte Modul befindet. Dieses kommt in meine Basis, und zwar an die Stelle, wo zuvor der Astronaut stand.
Humanity ist ein Arbeitereinsetzspiel. Am Ende einer Runde, wenn wir alle unsere Astronauten aktiviert haben, dreht sich der große Gelenkarm der Station. Wie weit, ist davon abhängig, wie viele der Module gekauft wurden. Und die Bewegung des Gelenkarms entscheidet, welche der dort wartenden Astronauten-Miniaturen in der nächsten Runde aktiviert werden dürfen. Wenn sich der Arm an meinem Astronauten vorbei bewegt, stelle ich ihn an eine beliebige noch freie Position im Kartenraster meiner Basis.
Zu gewinnen gibt es Wissenschaftspunkte, die wir hinter einem viel zu großen Sichtschirm geheim halten sollen. Und es gibt offene Siegpunkte, die sofort auf der Kramer-Leiste abgetragen und auch fast immer mit entsprechenden Chips markiert werden. Grundsätzlich sind die Regeln sehr stimmig und die Anleitung ist (bis auf eine Verwechslung in der Plättchen-Übersicht) gut verständlich gestaltet.
Das Zusammenspiel aus zentraler Station und den persönlichen Basen gefällt mir bei Humanity sehr gut. Man ist nicht nur mit seiner eigenen Auslage beschäftigt, sondern es gibt auch interaktive Momente. Vorausschauend muss immer darauf geachtet werden, wie viele Astronauten man voraussichtlich in der nächsten Runde als aktivierbare Arbeiter besitzt. Wie weit wird sich der Gelenkarm der Station drehen? Durch die zufällig ausgelegten Module gibt es einen angemessenen Zufallsfaktor, gleichzeitig ist das Spiel taktisch-strategisch herausfordernd.
Rating: 8/10 ⚄ ⇗
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