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Jules Vernes
In 80 Tagen um die Welt

nett: 4 Punktevon Michael Rieneck

Kosmos (Redaktion: TM)

ca. 27 €

– nicht mehr lieferbar –

bis 6 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfach (ab ca. 10 Jahre)

Verpackung −−

Nominiert für
das Spiel des Jahres 2005

6. Platz
Deutscher Spiele Preis 2005

Das Spielbrett ist die Weltkarte. Wer schafft es am schnellsten einmal rund um die Erde – von London nach London? Doch Achtung: hier kann der letzte auch der schnellste sein. Denn die Tage, die man für die Reise braucht, werden auf einer Leiste reihum abgezeichnet. Dort, wo in anderen Spielen die Siegpunkte markiert werden, befindet sich die Zeitleiste. Wenn ich für eine bestimmte Teilstrecke eine Karte mit einem Schnelldampfer ausspiele, brauche ich nur vier Tage. Ein altersschwacher Schaufelraddampfer benötigt für die gleiche Entfernung acht Tage mehr.

Irgendwie ist das Spiel ein Paradoxon. Ich habe das Ziel erreicht und habe 75 Tage gebraucht. Doch mein Mitspieler kommt zwei Runden später an und behauptet, gerade mal 69 Tage unterwegs gewesen zu sein. Hier wird ganz offensichtlich der Raum (die Karte auf dem Spielbrett) von der Zeit (die Punkteleiste) entkoppelt. Immerhin: Jules Vernes, vor 100 Jahren verstorben, war auch Autor von utopischen Sciencefiction-Romanen. So ist die Verknüpfung dieses Zeitparadoxon mit seinem In 80 Tagen um die Welt womöglich legitim.

Genau das macht den entscheidenden Reiz dieses in dieser Beziehung hoch interessanten Spiels aus. Denn die Grundidee, sich auf der einen Seite räumlich zu bewegen und auf der anderen Seite zeitlich, ist intelligent miteinander verknüpft.

Letztlich entscheidend sind zwar die Tage, die ein Spieler benötigt. Höchstens 80 sollen es sein, jeder Tag weniger ist sozusagen ein Siegpunkt. Doch des we gen langsam und seelenruhig seine Welt - um rundung anzugehen, ist nicht ratsam. Sobald der erst Spieler das Ziel in London erreicht hat, gibt es pro Runde einen Straftag für die anderen. Wenn der Vorletzte am Ziel ist, wird nur noch die laufende Runde beendet. Wer es dann nicht geschafft hat, scheidet komplett aus der Wertung aus. Eher konventionell findet das eigentliche Vorankommen bei dieser Weltreise statt. Es gibt nur eine Strecke, die alle zu gehen haben – was wohl am literarischen Vorbild liegt. Für jedes Teilstück sind ein oder zwei Eisenbahnkarten beziehungsweise Schiffskarten abzugeben. Die auf den Karten aufgedruckten Werte bedeuten die verbrauchten Tage.

Zu Beginn jeder Runde werden so viele Spielkarten zur Auswahl ausgelegt, wie Mitspieler da sind, plus eine weitere. Besonders beliebt sind Karten mit niedrigem Tagewert oder identische Karten, die als Paar abgegeben nur die Hälfte zählen.

Jeder genommenen Karte ist zudem eine Sonderaktion zugewiesen. Man kann Startspieler für die nächste Runde sein, eine Ereigniskarte ziehen, ein Goldstück bekommen oder mit dem Ballon reisen. Bei letzterem gilt nicht der Wert der ausgespielten Karte, sondern es wird gewürfelt. Das Würfeln ist zugleich der einzige Nutzen, dem ein das Gold bringt. Wem das Würfelergebnis nicht gefällt, kann gegen Zahlung von einem Stück Gold noch mal würfeln

Die Spielregel ist recht detailreich. Es gibt viel zu erläutern: ein störender Detektiv, kleine Bonusplättchen für die ersten und letzten Spieler, die Ereigniskarten, die Elefantenreise von Bombay nach Calcutta und so weiter. Nein, In 80 Tagen um die Welt ist kein Spiel mit dem vielbeschworenen „leichten Einstieg“. Dazu muss man zu häufig in der eher un übersichtlichen Regel hineingucken. Und dies, obwohl der Ablauf im Kern recht einfach und wahrlich nicht übermäßig anspruchsvoll wirkt.

Trotz einer gewissen Widersprüchlichkeit zwischen der Originalität und dem zwar einfachen, aber gleichzeitig etwas überladen wirkenden Ablauf wurde In 80 Tagen um die Welt mit einer Nominierung für das Spiel des Jahres aufgezeichnet. Ob das noch mal für Aufmerksamkeit sorgt? Denn die Neuverfilmung des Vernes-Stoffes, der längst lizenzfrei genutzt werden kann, ist schon wieder raus aus den Kinos. Das Spiel bleibt. Und für mittelgroße Gruppen bietet es nette Unterhaltung, bei Sechs-Personen-Runden ist es dagegen etwas langatmig.

© Harald Schrapers 2005