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Kupferkessel Co.

nett: 4 Punktevon Günter Burkhardt

Goldsieber

ca. 13 €
– nicht mehr lieferbar –

2 SpielerInnen

Schwierigkeit sehr einfach (ab ca. 8 Jahre) 

Auswahlliste Spiel des Jahres 2002

Eine Schere wird benötigt, um mitspielen zu können bei der Kupferkessel Compagnie, „dem Geschäft für qualitätsbewusste Hexen und Zauberer“. Jedoch dient diese Schere nicht als magischer Gegenstand. Sondern die Schere wird benötigt, um vier der ursprünglich quadratischen Spielkarten in eine runde Form zu bringen. Diese vier Karten sollen die Ecken eines aus sechs mal sechs Spielkarten bestehenden Spielfeldes darstellen. Aber keine Angst: Auch wer sich für zu ungeschickt hält, um mit der Bastelschere eine halbwegs runde Rundung zu schneiden, kann mitspielen. Auch ohne Rundung erfüllen die vier Eckkarten uneingeschränkt ihre Funktion. Und sie sehen so auch besser aus, besser jedenfalls, als wenn ich an der Karte rumgeschnippelt hätte.

Auf eine dieser Eckkarten stelle ich meine Spielfigur, auf die gegenüberliegende kommt die Figur meiner MitspielerIn. Dann ziehe ich meine Figur außen um die ausliegenden Karten herum – im Uhrzeigersinn laut schriftlicher Spielanleitung, gegen den Uhrzeigersinn laut Abbildung. Wenn sich die SpielerInnen geeinigt haben, ob sie eher der schriftlichen oder der grafischen Anweisung folgen wollen, geht es los. Meine Spielfigur bleibt außen neben einer Kartenreihe stehen. Unter den sechs Karten dieser Reihe kann ich mir eine Karte aussuchen, die ich auf meinen Ablagestapel legen. Dieser Stapel heißt „Zauberkessel“ und die gesammelten Karten sind „Zutaten“. Es gibt 14 verschiedene Zutaten, von jeder Zutat gibt es je ein Kärtchen mit den Werten eins, zwei, drei sowie vier. Diese Werte haben zwei Funktionen. Sie sind bei der Endabrechnung wichtig und sie geben an, wie weit meine Figur im nächsten Zug ziehen darf. Einige wenige Karten lassen zudem noch den gegnerischen Zauberkessel explodieren, wodurch die MitspielerIn eine Zutatenkarte verliert.

Es kommt darauf an, möglichst viele Zutatenkarten von einer Sorte zu sammeln. Denn eine einzelne Zutat zählt als Minuspunkt, erst wenn ich mindestens drei gleiche Zutaten gesammelt habe, gibt es Pluspunkte. Wenn ich Zutatenkärtchen erwische, die die Farbe meiner Spielfigur haben, werden die Zahlen verdoppelt. Außerdem gibt es noch weitere Regeln für die Endabrechnung, insbesondere wenn mit den „Rezeptkarten“ gespielt wird, die als Variante den einzelnen SpielerInnen besondere Sammelaufgaben stellen.

Wenn der Nachziehstapel alle ist und die erste Reihe auf dem Spielfeld leer bleiben muss, ist das Spiel zu Ende. Dann beginnt die Rechnerei: 2(1+2+3+4)+5 – wer diese der Anleitungen entnommene Aufgabe löst, hat die ersten vier Karten abgerechnet. Damit ist klar, dass das Spiel nicht „ab 6 Jahren“ ist, wie es groß in der Überschrift der Spielanleitung geschrieben steht. Das ist offensichtlich ein Druckfehler. Denn auf der Schachtel steht „ab 8“, und zwar „für Familien mit Kindern ab 8 Jahren“. Ein Zwei-Personen-Spiel für Familien? Sicherlich, es gibt eine Menge Ein-Eltern-Familien mit nur einem Kind. Aber kann das gemeint sein?

Im Zuge von Harry Potter mag alles, was mit Zauberei zusammenhängt, bei Kindern gut vermarktbar sein. Der Spielmechanismus ist hier tatsächlich einfach. Trotzdem ist Kupferkessel Co. kein Spiel, das in erster Linie Kinder anspricht, denn dazu ist allein die Endabrechnung einfach zu unübersichtlich.

Noch wichtiger ist mir eine andere Frage: Ist Kupferkessel Co. ein Zwei-Personen-Spiel? Irgendwie habe ich beim Spielen den Verdacht, dass das alles zwar ganz nett, taktisch interessant und gut funktionierend ist. Aber würde es mit mehr Leuten nicht noch mehr Spaß machen? Schließlich gibt es vier Startecken. Und es gibt auf den Zutatenkarten nicht nur die Farben weiß oder schwarz, sondern auch grün, blau, lila und so weiter – genug als für weitere MitspielerInnen. Handelt es sich um ein reduziertes Mehr-Personen-Spiel?

Auf seiner Homepage hat Günter Burkhardt eine Variante für drei Personen veröffentlicht, die, wie er schreibt, „bestens funktioniert“. Nun mögen manche der Meinung sein, dass es toll sei, wenn ein preisgünstiges Zwei-Personen-Spiel gratis zu einem Drei-Personen-Spiel (für vier Personen mangelt es wohl an Kartenmaterial) ausgebaut werden könnte.

Ich jedoch stelle andere Ansprüche an ein Zwei-Personen-Spiel. Es muss einen vergessen machen, dass man „nur“ zu zweit spielt und eben keine große Spielerunde zusammenbringen konnte oder wollte. Und dies gelingt der Kupferkessel Compagnie leider nicht so richtig. Richtig fertig geworden ist das Spiel erst mit dem Erscheinen einer Vier-Personen-Version. Die heißt Glastonbury und ist seit Ende 2013 im Programm bei Franjos.

© Harald Schrapers 2002–14