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Pandemic

5 von 6 Punktengames we play Tip: Das TOPspielKönnt ihr die Menschheit retten?

von Matt Leacock

Z-Man (Vertrieb: Asmodee)

Illustration: Chris Quilliams

ca. 40 € 

2 bis 4 SpielerInnen

Schwierigkeiteinfachl (ab ca. 10 Jahre)

Neuausgabe 2020

» NEUAUSGABE PANDEMIE 2014

» ORIGINALAUSGABE PANDEMIE 2009

nominiert für das Spiel des Jahres 2009 (als Pandemie)

3. Platz Deutscher Spiele Preis 2009 (als Pandemie)

Sind kooperative Spiele eigentlich richtige Brettspiele? Diese Frage stellt sich immer wieder, wenn ein Spiel auf den Wettbewerb zwischen den Spielern verzichtet. Doch mit Der Herr der Ringe und Schatten über Camelot gab es bereits zwei Spiele, die auch Kritiker besänftigen. Bei Camelot gab es allerdings auch noch einen Verräter, der letztlich doch für etwas Konkurrenz sorgte.

Bei Pandemie sind die Spieler jedoch auf Kooperation pur angewiesen. Schließlich geht es darum die Welt zu erretten: gegen vier Seuchen, die sich von Epidemien zur Pandemien auszuweiten drohen. Kooperation heißt, dass die Spieler sogar ihre Städte-Handkarten offen auf den Tisch legen, damit man über jeden einzelnen Spielzug eingehend diskutieren kann.

Los geht es in Atlanta. Da stehen die Spielfiguren und das heimische Forschungslabor. Von hier aus schwärmen die Figuren aus, um auf der Weltkarte die Krankheiten zu bekämpfen. In jeder Stadt, in der ein kleiner Seuchenwürfel liegt, ist eine Epidemie ausgebrochen. Und da, wo bereits drei Würfel liegen ist die Lage schon verdammt ernst.

Vier Aktionsmöglichkeiten haben die Spieler pro Zug. Sie können sich per PKW oder Fähre in Nachbarstädte bewegen oder gegen die Abgabe einer Handkarte mit der Start- oder Zielstadt ein Flugzeugticket lösen. Am Ziel kann er dann pro Aktion je einen Seuchenstein beseitigen.

Anschließend zieht man zwei Handkarten nach und deckt zwei Karten des berüchtigten Infektionsstapels auf. Diese Karten bestimmen, in welchen Städten weitere Seuchenwürfel hinkommen.

Ziel des Spiels ist es, Gegenmittel für die vier Krankheiten zu entdecken. Die Seuchenwürfel in Nordamerika/Europa sind blau, die in Südamerika/Afrika gelb, die in den anderen Erdteilen grün oder rot. Dazu muss einer der Spieler fünf Karten gleichfarbiger Städte sammeln, zu einen Forschungslabor reisen und die Karten ausspielen. Das ist eher unspektakulär – im Vergleich zum hektischen Versuch, immer neue Seuchenherde auszutreten. Immerhin sind die Seuchensteine in der Farbe des Gegenmittels ab jetzt leichter zu bekämpfen.

Dramatisch wird es immer dann, wenn man statt einer Städtekarte eine Epidemiekarte vom Handkartenstapel zieht. Dann kriegt eine Stadt gleich drei Seuchensteine und der Infektionsstapel wird „verschärft“. Das ist so raffiniert wie gefährlich: Die Infektionskarten des Ablagestapels werden gemischt und oben drauf auf den Infektionsstapel gelegt. Wenn jetzt wieder neue Städte ausgelost werden, um infiziert zu werden, erscheinen erneut die altbekannten Problemstädte. Thematisch ist das stimmig – denn wo eine Seuche bereits existiert oder existierte, ist das Risiko neuer Infektionen naturgemäß am höchsten. Spielerisch kann das allerdings eng werden.

Denn wenn irgendwo ein vierter Seuchenstein gelegt werden müsste, haben wir einen Ausbruch. Das heißt, aus der Epidemie wird jetzt eine Pandemie. Jeder, der bislang nicht wusste, wo der Unterschied zwischen Epidemie und Pandemie ist, lernt es jetzt. Hier kann man sehr schön beobachten, wie sich die auf eine Stadt beschränkte Epidemie pandemisch ausbreitet.

Der vierte Seuchenwürfel wird nicht in die betroffene Stadt gelegt, sondern stattdessen bekommt jeder Nachbarort je einen weiteren Würfel. Dabei kann einen Kettenreaktion entstehen. Wenn eine sich so ausbreitende Seuche auf eine weitere Stadt mit drei Krankheitssteinen stößt, gibt es auch da einen pandemischen Ausbruch. Und bei acht Ausbrüchen Schluss. Die Erde ist verseucht. Alle haben verloren.

Damit es nicht soweit kommt, müssen die Spieler eng zusammenarbeiten. Spaß, sogar sehr viel Spaß, macht das immer dann, wenn sich viele gute Ideen ergänzen. Wenn jedoch einer versucht, die Diskussion permanent zu dominieren, ist Pandemie das falsche Spiel.

Wenn viele mitspielen, kommt es darauf an, dass alle ihre spezielle Rolle optimal mit den Mitspielern koordinieren. Wer die Rollenkarte Forscher besitzt, kann seine Spielkarten überall dort weitergeben, wo er die Spielfigur eines Mitspielers trifft. Wer die Rolle des Wissenschaftlers ausfüllt, benötigt nur ein Quartett gleichfarbiger Karten, um ein Gegenmittel zu entdecken. Forscher und Wissenschaftler sollten sich also gezielt darum bemühen, gemeinsam die Gegenmittelforschung zu forcieren. Und auch die anderen Rollen sollten sinnvoll eingesetzt werden.

Einfacher zu gewinnen ist das Spiel, wenn nur zwei Leute mitmachen. Denn dann sammeln sich automatisch mehr Karten auf den Händen der Spieler, denen es trotz Handkartenlimits dann leichter fällt, gleiche Farben zu bekommen. Die Spielregel ist in der Hinsicht unvollständig und weist nur darauf hin, dass die Siegwahrscheinlichkeit von der Anzahl der Epidemiekarten abhängt, die man in den Kartenstapel mischt.

Defätisten mögen behaupten, dass Pandemie eigentlich ein Solitärspiel sei, das man am besten alleine spielt. Andere sagen, es mache erst in voller Besetzung richtig Spaß – gerade weil es ein Kooperationsspiel ist. Meine Meinung: Ein tolles Spiel – obwohl es kooperativ ist.

Zufällig zeitgleich mit dem Start der Coronapandemie trägt jetzt auch die deutschsprachige Ausgabe den Namen Pandemic. Gleichzeitig wissen wir: Das Thema des Spiels ist keine Science-fiction-Dystopie, die irgendwann in ferner Zukunft stattfindet.

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