Village
von Inka Brand und Markus Brand
ca. 35 €
– nicht mehr lieferbar –
2 bis 4 SpielerInnen
Schwierigkeit
Auch im zweiten Jahr der neu ausgelobten Auszeichnung Kennerspiel des Jahres gewinnt der Sieger gleichzeitig den Deutschen Spiele Preis. Die Jury scheint also alles richtig zu machen, zumindest trifft sie den Geschmack des beim Spiele Preis abstimmenden Fachpublikums. 2011 war das alles keine Überraschung, denn der damalige Sieger 7 Wonders galt überall als uneinholbarer Favorit. Village ist hingegen ein anderes Kaliber, manche Fachleute äußeren deutliche Kritik. Das Spiel sei „morbide“, es gäbe einen „Wettlauf, seine Familienmitglieder umzubringen“, schimpft Stuart W. Dagger in der spielbox über ein „ansonsten sehr gutes Spiel“.
Was Daggers pointierte Klage verschweigt: Hier wird niemand ermordet. Sondern Village ist ein thematisch überaus originelles Spiel, dass sich mit dem Generationswechsel in einem mittelalterlichen Dorf beschäftigt. Da sind die Pöppel nach Generationen nummeriert und es gibt Geburten und Todesfälle.
In Inka und Markus Brands Dorf ist der Tod kein spielerisch negatives Ereignis. Weil verstorbene Familienmitglieder einen Platz in der Dorfchronik einnehmen können, wird man nach deren Ableben mit Siegpunkten belohnt. Dagger kritisiert offensichtlich, dass man kann den Prozess des Generationswechsel beschleunigen kann, wenn ein attraktiver Platz in der Chronik winkt. Dazu nimmt man weder Waffen noch Gift. Stattdessen nagen Arbeit und Strapazen an der Gesundheit. Wer kostenträchtige Aktionen wählt, bezahlt damit oft mit Lebenszeit. Ein Zeitmarker auf dem eigenen Hofplan wird schrittweise nach vorne gesetzt. Wenn er den Plan einmal umrundet hat, stirbt eine Figur – und zwar aus der ältesten Generation, die im Spiel ist.
Zugegeben: Der Spielablauf lässt an dieser Stelle etwas thematische Logik vermissen. Auch Udo Bartsch bemängelt in seinem Blog, dass „Gesundheitspflege meist nicht honoriert wird und die Spieler im Gegenteil bestrebt sind, viele ihrer Pöppel in die Chronik zu verabschieden“.
In einer Hinsicht bin ich dezidiert anderer Meinung als Stuart Dagger. Village ist nicht „ansonsten sehr gut“, sondern gerade wegen des Generationswechsels bemerkenswert. Denn der sonstige Spielablauf verliert sich an manchen Stellen im Klein-Klein des Hin- und Hertauschens. Ich nehme einen Einflussstein vom Handwerker-Aktionsfeld, gebe daraufhin in der Wagnerei zwei Steine ab und erhalte ein Planwagenplättchen. Wenn ich von einem bestimmten Ort in den anderen reise, nehme ich einen Stein, gebe drei ab, und erhalte zwei. Da ist es weitaus origineller, mit Lebenszeit zu bezahlen. Wenn ich eine Figur in die Wagnerei stelle, kostet die Ausbildung einmalig zwei Zeiteinheiten. Fertig ausgebildet kann mein Handwerker ein Leben lang in der Wagnerei verbleiben und mir für je zwei Zeit Planwagen bauen.
Letztlich geht es um Ruhmespunkte. Wer am Ende noch eine größere Menge Einflusssteine oder Güter sein eigen nennt, hat schlecht gewirtschaftet. Aus Einfluss muss Ruhm werden, auf dem Markt, in der Kirche oder der Ratsstube sowie auf Reisen.
Village ist ein anspruchsvolles Strategiespiel, das wie kaum ein anderer Titel eine Geschichte erzählt und mit vielfältigen Mechanismen verzahnt. Es ist eine episches Erlebnis.
© Harald Schrapers · games we play 2012