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Seit mehr als einem Jahrzehnt gibt es nun den Callantsooger Kreis, der auf der Webpage games we play jährlich die Top Ten der besten Spiele veröffentlicht. Am 22. April 1995, erschien in der NRZ - Neue Ruhr Zeitung - Duisburg folgender Bericht über den Callantsooger Kreis:

 

JUSOS PFLEGEN EIN SELTENES HOBBY

Das Recht auf Faulheit

Karl Marx würde sich verwundert durch den Rauschebart fahren, Rosa Luxemburg vehement mit dem Gehstock dazwischenhauen und eingefleischte Altlinke verständnislos den Kopf schütteln. Warum? Ihrem politischen Nachwuchs scheint das Weltbild verrutscht. Statt sich kritisch mit dem Staatsmonopolkapitalismus auseinanderzusetzen, spielt der nämlich Monopoly. Statt Ausbeutung und Imperialismus anzuprangern, erobert er Länder und Kontinente auf dem Risikospielbrett. "Für traditionelle Marxisten ist das, was wir machen, natürlich Quatsch", gesteht Harald Schrapers.
Der 30jährige Student ist Bezirksvorsitzender der Jungsozialisten und Gründungsmitglied des Callantsooger Spielkreises. Und letzterer hat sich ein ausgefallenes Programm auf die Fahnen geschrieben: Das Recht auf Faulheit!
Mit Politik hatte es herzlich wenig zu tun, als Schrapers und Gleichgesinnte den Spielkreis vor sieben Jahren im holländischen Seebad Callantsoog aus der Taufe hoben. Die Jusos (bis auf zwei gehören alle zur SPD-Jugend) hatten einfach Spaß am Spiel. Mehr als 150 Gesellschaftsspiele haben sie seither getestet und ihre Kritiken im Juso-Niederrhein-Magazin veröffentlicht.
Ideologischer Kritik halten sie dabei stand. Schließlich sei es kein geringerer als der Schwiegersohn von Karl Marx gewesen, der als erster fur das "Recht auf Faulheit" plädierte, betont Schrapers. "Eine seltsame Sucht beherrsche die Arbeiterklasse", schrieb jener Paul Lafargue einst an seinen berühmten Schwiegervater. "Es ist die rasende Arbeitssucht." Dabei sah er selbst bereits ganz andere Zeiten kommen: Vor Wonne werde die Erde erzittern, wenn die Arbeiterklasse verbiete, mehr als drei Stunden zu arbeiten.
Meisterschaften gewonnen
Angesichts der heutigen 38,5 Stundenwoche hatte Lafargue zwar etwas zu tief gegriffen, dieser Hintergrund macht jedoch klar, warum der Callantsooger Kreis im geselligem Gesellschaftsspiel durchaus einen politischen Zweck sieht.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: "lntrige", das "Ränkespiel um Macht um Machenschaften", eine Schulung für sichere Schritte auf dem Politparkett? "Bakschisch", ein praxisnaher Wirtschaftskurs für das Pokern um Posten und Mandate? Nein, nein! "Die Freizeit nimmt in unserer Gesellschaft immer mehr Raum ein", gibt Mitspielerin Brigitte Prumbohm zu bedenken. Und die gelte es sinnvoll zu gestalten. "Und zwar nicht vor dem Fernseher oder in einer Spielhalle, sondern kommunikativ beim Gesellschaftsspiel" meint die Pädagogin. Vor allem jungen Erwachsenen will man vormachen, daß Spielen nicht nur was für Kinder ist. Brettspiele sind deshalb längst fester Bestandteil der Juso-Bildungsarbeit.
Eher nebenbei sind die Callantsooger Anfang des Jahre auf Anhieb niederrheinischer Regionalmeister im Brettspiel geworden. Eigentlich hatten sich die vier gestarteten Jusos beim allerersten Start vorgenommen, wenigstens fünfzehnter von 16 Manschaften zu werden. Nach 16 gespielten Spielen - pro Sieg gab es fünf Punkte - hatten sie die "Omega Oilers" auf den zweiten Platz verwiesen. Und die standen im letzten Jahr immerhin in der Endrunde um die deutsche Meisterschaft. An der nehmen die Callantsooger nun selbst im Mai teil - mit viel Spaß an der Freud.
Besonders beliebt ist übrigens "Kreml". "Da sind wir uns treu geblieben", meint Schrapers mit einem Augenzwinkern. Das Ziel dieses Spiels: Wer wird als erster Chef im Moskauer Politbüro.

schy