Carcassonne
von Klaus-Jürgen Wrede
Hans im Glück (Vertrieb: Schmidt, ab 2019: Asmodee)
ca. 20 €
2 bis 5 SpielerInnen
Schwierigkeit
Neuauflagen 2015 und 2022
Originalausgabe 2001
Carcassonne ist millionenfacher Bestseller – zurecht. Reihum ziehen die SpielerInnen jeweils eine der 72 quadratischen Landschaftskarten, die dann auf den Tisch gelegt werden, damit nach und nach eine Landschaft entsteht.
Diese schrittweise "Entdeckung" einer Landschaft erinnert an Klaus Teubers Entdecker, bei dem es eine Insellandschaft zu erobern gilt. Dabei müssen die gezogenen Landschaftskärtchen immer ordentlich aneinander passen. Bei Carcassonne bedeutet das: Stadtteil an Stadtteil, Wiese an Wiese, Weg an Weg.
1. Bild: Neuausgabe 2022. 2. Bild: Ausgabe 2001.
Anschließend kann die SpielerIn eine ihrer sieben Spielfiguren auf ihr soeben gelegtes Kärtchen stellen. Dabei muss sie entscheiden, ob sie einen Ritter in die Stadt setzt, einen Bauer auf die Wiese, einen Wegelagerer auf die Straße oder einen Mönch ins Kloster. Es ist darauf zu achten, dass einige der Figuren im Laufe des Spiels vorzeitig abgerechnet werden und die SpielerIn sie wieder zurück erhält, um sie nochmals zu nutzen.
Eine Stadt, ein Kloster bzw. ein Weg werden sofort abgerechnet, wenn sie fertig gebaut sind. Die Punkte erhält die SpielerIn, die ihre Figur darauf gestellt hat. Eigentlich darf auf einem Objekt immer nur eine Figur stehen, was die Punktwertung sehr einfach macht. Nur wenn eine Stadt oder ein Weg erst im Laufe des Spiels zusammenwachsen, kommt es vor, dass mehrere Figuren die Punkte erhalten bzw. - wenn eine SpielerIn die Mehrheit hat - manche leer ausgehen. Taktisch anspruchsvoller ist es, den Bauern einzusetzen. Denn die Wiesen werden immer erst am Spielende abgerechnet.
Eigentlich war an Carcassonne nur die etwas lieblos wirkende Gestaltung des Spiels zu kritisieren, insbesondere die bei 70 endende Zählleiste der ersten Auflage war zu kurz geraten. Da die erste Auflage aber bereits nach kurzer Zeit verkauft war, konnte Hans im Glück schnell reagieren und ab der zweiten Auflage ist aus der Zählleiste ein 50 Felder langer Rundkurs geworden, der ausgezeichnet zum Spiel passt.
Ein Ärgernis ist die ständige Veränderung der Regel, von der die so genannte Bauernregel, die anspruchsvoll-taktische Würze des Spiels, betroffen ist. Ursprünglich war die Wertung der Bauern sehr raffiniert. Es wurden nicht die Wiesen gewertet, auf denen die Bauern standen. Denn das wäre allzu naheliegend gewesen. Sondern es wurden die Städte mit je vier Punkten gewertet zugunsten der sie versorgenden Bauern. In der zweiten Auflage wurde diese recht schwer verständliche Regel bloß sprachlich überarbeitet. Die dritte Auflage sah eine inhaltliche Veränderung vor. Ab dann wurde tatsächlich die Mehrheit auf einer einzelnen Wiese gewertet, Punkte gab es drei pro angrenzende Stadt. Dies schien einfacher zu sein und einen leichteren Zugang zur Regel eröffnen wenn da nicht ein komplizierender Satz gewesen wäre. Kein Spieler dürfte zweimal drei Punkte bei einer Stadt kassieren, auch wenn er auf zwei angrenzenden Wiesen die Mehrheit hatte. Dieser Satz wurde in der vierten Auflage ersatzlos gestrichen. Zudem zählen auch Kleinstädte, die nur aus zwei Teilen bestehen, ab sofort die doppelte Punktzahl. Damit ist das Spiel nun einfacher zu lernen und man konnte das Spiel guten Gewissens mit der reduzierten Alterangabe ab 8 verkaufen. Allerdings hat das spielerische Gleichgewicht insbesondere unter der aktuellen Regelauflage nicht unerheblich gelitten. Mein Tipp: Wer mit Kindern spielen möchte, lässt die Bauern am besten ganz weg. Dann ist es auch kein Problem, für die Kleinstädte die doppelten Punkte zu vergeben.
Carcassonne, eine südfranzösische Stadt mit einer einzigartigen Befestigungskunst, ist ein schönes und preisgünstiges Spiel. Es lässt sich auch gut zu zweit spielen, obwohl es mit mehreren Leuten doch spannender ist. Das Spiel ist auf der einen Seite einfach und recht glücksbetont, und auf der anderen Seite sorgt die Bauernregel insbesondere in der ersten Regelauflage für taktischen Anspruch.
ca. 10 €
bis 6 SpielerInnen
Neuauflage 2009
Originalausgabe Die Erweiterung 2002
Braucht man diese Erweiterung oder braucht man sie nicht? Sicherlich ist dem Hans im Glück-Verlag nicht zu verdenken, dass er seinem Bestseller-Erfolg noch weiter ausbauen möchte. Nur: lässt sich Carcassonne noch verbessern?
Zunächst mal findet man graue Spielsteine in der Schachtel. Wenn also unbedingt noch eine Person mehr dabei sein soll, geht das nun also. Besser wird das Spiel dadurch nicht, denn die Wartezeit steigt und die Planbarkeit sinkt. Am besten lässt sich Carcassonne eh zu dritt oder zu viert spielen.
Dann gibt es noch neue Landschaftsformen. Das ist schön. Insbesondere diejenigen, die Carcassonne auch optisch besonders reizvoll finden, werden die 18 neuen Plättchen gerne verwenden. Um die dann verlängerte Spielzeit wieder auszugleichen, kann man nach dem Zufallsprinzip einige Karten aus dem Spiel nehmen.
Doch was ist mit dem eigentlichen Kern der Erweiterung? Es gibt Karten mit einem Wirtshaus am See, welches den Wert der daran vorbeiführenden Straße erhöhrt. Die Kathedrale verdreifacht gar den Wert einer Stadt. Aber das Risiko ist hoch. Werden Straße und Stadt nicht fertig, so zählen sie überhaupt nicht. Außerdem gibt es für jede SpielerIn noch eine große Figur, die doppelt so stark ist wie die bekannten Gefolgsleute. Sie sollte man also ganz gezielt irgendwo einsetzen.
Ich gestehe: ich kann den Verdoppelungen oder Verdreifachungen der Erweiterung nichts abgewinnen. Ich spiele lieber die Grundversion.
Zweite Erweiterung
ca. 10 €
bis 6 SpielerInnen
2003
Um es vorweg zu nehmen: Die zweite Erweiterung ist genauso wenig der große Wurf, wie die erste Erweiterung. Auch in ihr findet sich ein kleines Sammelsurium an Regelmodifikationen.
Am interessantesten wirken die Handelswaren auf einigen Stadtplättchen. Da gibt es Weinfässer, Tuch und Getreide. Immer wenn eine Stadt geschlossen wird, in der sich ein solches Handelssymbol befindet, gibt es dafür einen entsprechenden Chip. Dies gewinnt aber nicht die SpielerIn mit der Rittermehrheit, sondern die SpielerIn, die die Stadt abschließt. Ähnlich wie bei den Jägern und Sammlern kann es sich also durchaus mal lohnen, eine Stadt zu vollenden, in der ich gar keinen eigenen Ritter habe. Denn wer am meisten Chips einer Handelsware besitzt, bekommt am Spielende zehn Zusatzpunkte.
Wer als zusätzliche Figur einen Baumeister in eine Stadt beziehungsweise auf einen Weg setzt, erhält ein besonderes Privileg. Wenn diese Stadt oder Straße weitergebaut wird, bin ich sofort nochmal an der Reihe. Wer den Baumeister geschickt nutzt, kann sich durchaus einen Vorsprung vor einer MitspielerIn erobern, deren Figur irgendwo blockiert ist, wo es nicht weitergeht.
Als letztes gibt es noch putzige Schweine in der Farbe einer jeden SpielerIn. Doch werden sie hier wirklich nur ihrer Funktion als Maskottchen des Hans im Glück-Verlags gerecht. Denn im Spiel bewirken sie reichlich wenig: Es gibt bei der Bauernwertung einen zusätzlichen Punkt pro Stadt, wobei die Schweine mit der 1. Auflage der Carcassonne-Regel nicht kombinierbar sind.
© games we play 2001–23 – Autor: Harald Schrapers